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Der lange Marsch

Heute ist es bewölkt und grau, gut, dass wir bereits gestern auf dem Skytree waren! Heute steht das japanische Äquivalent zu den London Docklands im Programm: In der Tokioter Bucht sind einige Inseln aufgeschüttet worden, teilweise schon im 19. Jhdt., damals als Artilleriestützpunkte zur Verteidigung der Stadt. Heute ist das ein durch eine fahrerlose Hochbahn verbundenes Shopping- und Entertainmentareal, und es gibt auch einige Terminals für Frachtschiffe und Kreuzfahrtschiffe.

Wir erreichen die Insel Odaiba mit der Yurikamome-Linie, oben erwähnte fahrerlose Bahn auf Gummirädern.

Wir steigen bei der Fuji Television Zentrale aus, vor der seit 1998 eine kleine 12 Meter hohe Freiheitsstatue steht. Das Jahr war das Freundschaftsjahr zwischen Frankreich und Japan, und sie wurde am Ende des Jahres zurückgegeben. Da sie jedoch viel Aufmerksamkeit erzeugt hatte, wurde kurz darauf eine japanische Replik gebaut und dort aufgestellt, als Fotomotiv vor der Rainbow Bridge und der Skyline von Downtown Tokio.

Odaiba scheint allgemein ein Touristenhotspot zu sein, neben der Statue gibt es hier auch allerlei merkwürdige Ausflugsboote. Eines parkt auf der Straße vor der Mall – ein Amphibienfahrzeug, das die Fahrgäste an Land abholt, und dann einfach in die Bucht fährt und schwimmt. Unten am Wasser findet sich dann noch ein fast "normales" Boot, eine Flunder mit Plattform am Heck, und ein bestimmungsfremd benutztes Raumschiff aus der 70er-Jahre-Zeichentrickserie "Captain Future".

Dass das Boot wie ein Raumschiff aus der Serie aussieht, ist kein Zufall: Der 2023 verstorbene Erbauer der Bootes Leiji Matsumoto war nämlich auch der Schöpfer mehrerer Mangas, u.a. "Captain Harlock", der im frühen Space Age ebenso wie Captain Future entstand. Das Boot Himiko bietet heute Hafenrundfahrten an, ist aber sehr enttäuschend: Es schießt weder Laserblitze, noch hebt es aus dem Wasser ab. Darum nutzen wir es nicht, sondern gehen zu Fuß über den Sandstrand von Odaiba zum Beginn der Rainbow Bridge.

Die 800 Meter lange doppelstöckige Brücke verbindet die Insel mit dem Festland und hat auch einen Fußgängerweg. Fahrräder müssen geschoben werden, und um zu verhindern, dass geschummelt wird, bekommt man ans Hinterrad eine Holzplattform mit Rollen montiert – sehr lustige Idee!

Die Brücke bietet sogar bei dem heutigem grauen wolkenverhangenen Himmel eine schöne Aussicht, der Weg ist allerdings nicht sehr einladend und wirkt industriell – irgendwie passend, denn man kommt auf der anderen Seite im Hafen heraus.

Die nächsten paar Kilometer sind unspektakulär, zwischen Büros und Hafengebäuden eingesperrt. Allerdings lugt zwischen 2 Hafengebäuden kurz die Himiko durch, die Aussichtsplattform voller dicht gedrängter Gäste.

In Takeshiba wird es dann wieder belebter, ein einem Schiff nachempfundener Park und ein paar Läden und Restaurants machen den Ort interessant, u.a. gibt es hier ein Hofbräuhaus (das wir aber nicht besuchen). Man hat einen Blick auf die Rainbow Bridge und die südlich davon gelegenen Schiffsterminals.

Unser nächstes Ziel sind die im 17. Jhdt. angelegten Hamarikyū-Gärten, eine viereckige Insel mit 25 Hektar Größe. Vorher sehen wir noch ein Haus, das so schmal ist, dass man, wenn man auf einer Seite aus dem Fenster schaut und einen Schritt zurück macht, auf der anderen Seite gegen die Wand stößt.

Im Frühling zur Mandel- oder Kirschblüte ist es hier bestimmt wunderschön!

Nachdem es seit der Brücke eher einsam und industriell war, ist es nun das krasse Gegenteil. Wir betreten den Stadtteil Ginza, wuselig, schick, teure Boutiquen und die ganze Palette westlicher Nobelläden von Gucci bis Bulgari. Die breite Durchgangsstraße ist am heutigen Sonntag für Autos gesperrt, und quillt fast über mit Spaziergängern und Shoppern.

Wie in der Maximilianstraße sind hier Gecken und Selbstdarsteller unterwegs, in den Seitenstraßen parken teure Sportwagen. Wir sind schon 15 Kilometer unterwegs und brauchen dringend ein paar Stühle und Pause.

Frisch gestärkt geht es dann auf die andere Seite von Ginza, angrenzend liegt nämlich der Kaiserpalast mit den umgebenden Imperial Gardens. Der Teich am Rand spiegelt zwar hervorragend die umliegenden Hochhäuser, er ist aber total veralgt und umgekippt. Interessanterweise scheint diese glibberige Brühe aber dennoch nicht tot, großmäulige Fische fressen den dichten Algenteppich an der Wasseroberfläche.

Den Kaiser sehen wir nicht, aber wenigstens den Dachgiebel seines Palastes.

Die Sonne sinkt rasant, darum gehen wir Richtung Bahnhof. Beim Verlassen des Parks sehen wir drei weitere Hochzeitspaare – das erste war am Strand von Odaiba in eher traditioneller Tracht, hier posieren die Paare mit Bräuten in Tüll und in Weiß vor der sich im Wasser spiegelnden Wand aus Monstern in Stahl und Glas.

An der Marounuchi Station, dem Hauptbahnhof Tokios, ist auch alles in Weihnachtspracht, die Bäume funkeln. Wir müssen hier noch Tickets für den Narita Express kaufen, den Zug, der uns morgen wieder zum Flughafen bringt.

Unsere übrigen Yen vertrinken wir am Abend in der Hotelbar mit Blick über die Stadt und lassen unseren Besuch in der japanischen Hauptstadt ausklingen. Während wir so unsere Cocktails schlürfen, geht über dem Disneyland Tokio das Feuerwerk hoch.

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