Nach dem langen Marsch gestern kommen jetzt 2 Tage für das Sitzfleisch. Glücklicherweise ist zwischen den Sitzen immer so viel Strecke, dass wir trotzdem jeden Tag auf über 10.000 Schritte kommen.
Erst einmal geht es wieder an den Häusern mit der besonderen Privatsphäre vorbei.


Am Flughafen kommen wir trotz patrouillierendem Robocop problemlos durch.

So eine Reise zieht sich, und obwohl wir um 7 Uhr früh das Hotel in Tokio verlassen haben, ist es, bis wir endlich im Hotel in Seoul ankommen, bereits dunkel. So wirklich hell war es allerdings vorher auch nicht, über Seoul lag am Tag dichter Nebel. Morgen wollen wir mit dem Bus weiter, und so haben wir ein Hotel in der Nähe der Busstation gesucht, nur ein bisschen außerhalb des Stadtteils Gangnam-gu (Gu = Stadtbezirk). Diesen Namen habe ich doch schon einmal gehört, wo war das noch mal?
Nicht nur dort ist Luxus, auch hier im Jamsil-Dong (Dong = Stadtviertel) am Südufer des Han-Flusses ist es ziemlich schnieke. Wir müssen uns das natürlich anschauen, mit Blick auf den 555 Meter hohen Lotte World Tower. Am Han liegen zu Restaurants und Shops umfunktionierte Boote, und die Brücke leuchtet schön grün.







Ein wenig vom Fluss entfernt ist ein Block mit jeder Menge kleiner Läden, Bars, Restaurants und Clubs. Wir schlendern ein wenig durch die Straßen, und suchen uns dann ein Restaurant. Die Karte ist nur auf Koreanisch, niemand spricht Englisch, und ChatGPT halluziniert uns eine vollkommen falsche Übersetzung. Nach mehreren Versuchen kommt dann doch etwas Glaubwürdiges heraus, und wir erhalten in etwa das, was wir hofften, bestellt zu haben.

Am nächsten Morgen stehen wir erneut früh auf, doch heute machen wir alles falsch. Erst führe ich uns in die falsche Bahn, und so müssen wir statt 3 Stationen direkt zweimal umsteigen. Kein Problem, wir haben viel Puffer eingebaut. Am Busbahnhof angekommen fragen wir einen Angestellten, wo der Bus losfährt. Der Herr ist verwundert, versucht sich einen Reim auf die Tickets zu machen, und erklärt uns dann: "Wrong place!" Wir müssen zu einem anderen Busbahnhof. Also wieder raus in den Regen, und weil wir mit der Metro umsteigen müssten, winke ich ein Taxi herbei. Das Taxi fährt um die Kurve, und steht direkt im Stau. Koreaner scheinen mit Madrileños verwandt zu sein, sobald ein Regentropfen fällt, kann niemand mehr Auto fahren. 45 Minuten zeigt das Navi, mit der Metro wären es 30 gewesen.
Am Busbahnhof angekommen sprinten wir los, um kommen exakt 10:01 zum Bussteig, und hier sind die Busse auf die Sekunde pünktlich – unser Bus ist um 10:00 abgefahren. Am Ticketschalter zeigt sich die Angestellte reichlich unbeeindruckt, ich muss neue Tickets kaufen. Als ich anmerke, dass das nicht sehr kundenfreundlich sei, vergisst sie plötzlich, dass sie Englisch spricht. Gut, dass die Tickets nicht teuer waren, aber es ärgert mich trotzdem.
Zwanzig Minuten später als geplant sitzen wir im Bus, es gibt 2 Klassen: Excellent und Premium. Die erste Klasse Premium sehen wir nicht, weil das nur in dem früheren Bus verfügbar war, und so müssen wir in der Holzklasse fahren. Und liebe Leute, die ihr in Europa schon mal mit dem Fernbus unterwegs wart, so sieht die zweite Klasse in Südkorea aus:

Das ist breiter als Business class im Flugzeug, superbequeme Ledersitze, Discobeleuchtung und mit Fußraum wie in einer Limousine, außerdem gibt es gleich 3 Steckdosen pro Seite in jeder Reihe. Holla die Waldfee!
Das Wetter ist allerdings nicht Excellent, sondern English. Neblig und regnerisch geht es aus Seoul heraus, nach kurzer Zeit sind die Scheiben beschlagen, und wenn man sie sauber wischt, sieht man trotzdem nicht weiter.

Wir machen eine Pinkelpause auf halber Strecke, und erreichen nach 2h 20 min das 200 Kilometer entfernte Sokcho. Dass es zwischendrin bergig war, weiß ich eigentlich nur, weil es ständig durch Tunnel ging.
Und deshalb, weil die Berge den Nebel zurückhalten, hier ist es zwar bewölkt und über dem Meer stellenweise sehr dunkel, aber ohne Nebel und Regen!
Das Hotel ist direkt am Strand (der bei 10 Grad nicht besonders zum Baden einlädt) und fußläufig vom Busbahnhof erreichbar. Nach dem Check-in erkunden wir die Halbinsel zwischen dem Cheongchoho Lake (der eigentlich eine Lagune ist) und dem Pazifik. Es ist hier seltsam gemischt zwischen kleinen Hotels / Pensionen, Restaurants, Fabriken und alten, nicht zu den meist modernen Hochhäusern außen herum passenden Wohnhäusern, und auf der Lagunenseite befindet sich der Fischereihafen mit Markthalle und Fischfabrik.
Wo andere Leute ihre Wäsche zum Trocknen aufhängen, hängen hier auch mal die Fische vor dem Haus zum Trocknen. Der Strand hingegen ist blitzsauber und im Sommer geht es hier vermutlich ab wie Bolle – obwohl, die Koreaner sonnen sich ja nicht. Hier ist blass sein schick, viele, vor allem Frauen sind hier so weiß, dass es aussieht, als würden sie gleich einen Kreislaufzusammenbruch erleiden. Um Bräunung zu vermeiden, sind an vielen Ampeln in Seoul Sonnenschirme angebracht, und wir bekommen erzählt, dass im Sommer die meisten Menschen mit Regenschirm herumlaufen. Andere Länder, andere Sitten …




Als wir am Hafen ankommen und endlich Sicht ins Landesinnere bekommen, hüpft mein Herz: Berge! So schöne Berge! Nicht nur runde Hügel, richtig felsige Berge mit steilen Felswänden. Mann, freue ich mich auf morgen, wenn wir hier wandern gehen wollen!


Das eine Hochhaus scheint wohl im Rohbau stecken geblieben zu sein, aber wer achtet bei diesen wunderschönen Felsen schon auf den Vordergrund?
Wir suchen uns zum späten Mittagessen nicht dieses stylische Café, sondern ein einfaches Restaurant neben dem Hafen. Als wir uns setzen, scheucht uns der Kellner sofort wieder auf: Nein, die Jacken bitte in den Stuhl. Es ist ein Krabbenrestaurant, und wir wollen ja nichts bekleckern! Eine lustige Idee, und sehr praktisch.


Wir müssen nicht bestellen, kaum haben wir die Stühle zugeklappt und uns gesetzt, steht bereits ein Teller voller Krabben vor uns, und wir bekommen Lätzchen und Plastikhandschuhe. Der nette nepalesische Kellner erklärt uns, wie das funktioniert, mit der Schere muss man die Beine abschneiden, dann der Länge nach aufschneiden und mit einem Schaber pult man dann das Fleisch heraus. Für die Beilage gibt es dann noch Stäbchen und Löffel, man hantiert also mit 4 verschiedenen Werkzeugen, es fühlt sich an wie Bastelstunde!
Eine Stunde und 40 Minuten hat man Zeit, solange werden Krabben, Reis, Mais, Kimchi und weitere Leckereien einfach immer wieder nachgeliefert. Es ist zwar slow food, aber so lange brauchen wir nicht, bis unsere Mägen prall gefüllt sind, und die Abfallschüssel neben dem Tisch ebenso.


Mir bangt ein wenig vor der Rechnung, aber mit 81.000 Won (48 Euro) ist das absolut gerechtfertigt. Wie schon erwähnt, hier in Südkorea braucht man keine Angst zu haben als Tourist übers Ohr gehauen zu werden, ich habe nie das Gefühl Spezialpreise zu bezahlen oder sonst wie als "walking wallet" behandelt zu werden.
Nach einem Zwischenstopp im Hotel (es wird dann doch kühl, Pulli und Jacke holen) schlägt das Wetter um, und es beginnt leicht zu regnen und kräftig zu winden. Das hält uns nicht ab, wir erkunden den Pier und das Sokcho Eye, ein 65 Meter hohes Riesenrad direkt hinter dem langen Sandstrand. Die Aussicht ist aber dürftig, Tropfen rollen die Scheiben herab und es dämmert bereits. Die Berge sind schon in den Wolken verschwunden.





Auf dem Heimweg finden wir ein automatisiertes Café: Ein Kaffeeautomat, ein paar Stühle mit Blick aufs Meer, und fertig ist das Café!
Wie bereits gewohnt beginnt nach Einbruch der Dunkelheit alles zu blinken und zu leuchten – die LED hat Licht zwar energiesparend gemacht, aber jetzt leuchtet halt alles, und so sinkt der Energieverbrauch nicht wirklich. Aber schön sieht es trotzdem aus.


Am Abend hat dann auch das Meer etwas vom Wind mitbekommen, die Wellen brechen sich laut vor unserem Fenster, das hilft mir bestimmt gleich, mich in den Schlaf zu lullen!
