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Ab nach Hause!

Als wir das Hotel verlassen, ist von der Chefin wieder nichts zu sehen, nach kurzer Suche legen wir den Schlüssel einfach sichtbar am Eingang ab und laufen zum Busbahnhof. Heute ist wieder strahlendes Wetter, kurz zuckt der Reflex: doch noch ein Tag Wandern? Aber wir wollen Marc ja noch mal sehen, und außerdem schmerzen meine Knie noch von gestern.

Jetzt bin ich gespannt: Wenn die "Holzklasse" schon so bequem war, wie ist dann Premium? Wir staunen ganz schön, das ist schon nahe dran an First class im Flugzeug – was ich leider nur vom Vorbeilaufen kenne, und was ich gerne auf dem Rückflug hätte. Breite Ledersessel, fast waagrecht ausfahrbar, mit Wadenstütze und Entertainmentsystem. Für die 2,5h nach Seoul zahlen wir 19 € (Excellent hätte 13 € gekostet), das ist ein fairer Preis.

In Seoul angekommen fällt eine Sache direkt auf: Es ist nicht mehr so bunt! Die Gingkos sind inzwischen größtenteils kahl, und die letzten Blätter stehen in Plastiksäcken am Straßenrand.

Die Zeit bis zum Check-in überbrücken wir mit einem Pfannengericht: Im Restaurant sind an allen Tischen Gasgrills montiert, und man bekommt eine Pfanne zum DIY-Kochen. Wir studieren die Karte, da kommt die Bedienung und zeigt auf ein Gericht: Das wollt ihr! Ich sage: ok, und dann noch das hier dazu. Nein, das ist für 2 Personen, und ihr wollt das hier. Dreht sich um und geht. Verdutzt zucken wir mit den Schultern – ok, dann nehmen wir eben das, klang eh nicht schlecht.

Die ganzen Gasleitungen überall im Restaurant finde ich mäßig vertrauenerweckend, aber das Restaurant scheint es schon länger zu geben, und offenbar haben bisher alle überlebt.

Nachdem wir die Koffer im Hotel abgestellt haben, treffen wir uns mit Marc am Han-Fluss, und machen eine einstündige Rundfahrt. Die Fahrt selber ist unspektakulär, wir fahren ein wenig Richtung Mündung, aber bleiben in Sichtweite des Piers. Dafür gibt es am Anfang und Ende jeweils eine kurze Show, erst eine Combo von 3 Frauen, die ordentlich Stimmung und Beats machen, und am Ende eine sehr schnulzige K-Pop-Sängerin, die eher ein Rausschmeißer für uns ist.

Der sehr moderne Pier liegt in einem Park zwischen einer breiten Straße und dem Fluss, ich kann mir vorstellen, dass hier im Sommer ordentlich was los ist, und Marc bestätigt uns das aus eigener Erfahrung.

Mit an Bord ist eine größere Gruppe junger Erwachsener, es sieht nach Firmenausflug aus, und auf dem Oberdeck machen die Mädels das, was koreanische junge Frauen permanent machen: Selfies!

Viel zu früh dämmert es schon, und darum wollen wir irgendwo rein, noch ein wenig shoppen. Nebenan ist die Mall "The Hyundai", aber wir stellen schnell fest, dass das nichts für uns ist: nur Luxus-Markenläden für die Botox-Käuferschicht. Aber wenigstens kann ich ein paar interessante Motive für die Kamera finden.

Fündig werden wir in einer Underground Mall ein paar U-Bahn-Stationen weiter, wo ich beim Warten auf die anderen Beiden von einem Koreaner und einer Person aus Französisch-Guyana angesprochen werde. Sie sind sehr freundlich, aber ich bin ein wenig skeptisch, warum sie mich so spontan ins Gespräch verwickeln. Lenken sie mich vorne ab, und hinten klaut jemand was aus meinem Rucksack? Als sie mir zum Abschied einen WhatsApp-Kontakt aufschreiben, wird mir klar, dass sie mein Geld erst später wollen: Es sind Sektierer von den Zeugen Jehovas.

Nach dem Abendessen laufen wir zurück zum Hotel noch an der National Assembly vorbei, dem südkoreanischen Parlament. Hier war wie wohl jeden Tag eine Demo, aber inzwischen sind alle schon zu Hause. Richtig Stimmung war hier vor fast genau einem Jahr, als der damalige Präsident den Ausnahmezustand und das Kriegsrecht ausgerufen hatte, und das Militär (erfolglos) aufmarschierte, um die Proteste der Opposition zu verhindern. Nach einem Impeachmentverfahren sitzt Yoon inzwischen in Untersuchungshaft, und die Opposition hat die Neuwahlen gewonnen. Dinge, die passieren, wenn das Militär zu hochgerüstet ist, weshalb mir die (wohl leider notwendige) Aufrüstung Europas ziemliche Sorgen bereitet.

Um die Stimmung nicht zu düster werden zu lassen, hier Ausschnitte der Show auf dem Boot. Vorsicht, das zweite ist laut!

Auch heute kommen wir wieder auf 20.000 Schritte, was in der Ebene kein Problem ist. Treppen herab laufe ich allerdings wie Methusalix, meine Knie sind nach gestern ein wenig geschwollen.

Heimflug

Zum Abschied gehen wir mit Marc und vier sehr netten Freundinnen von ihm (die wir gleich ins Herz schließen) noch Brunchen, dann nehmen wir den Bus zum Flughafen. Der Hotelportier sagte uns, wir können problemlos mit Kreditkarte zahlen, das sieht der Busfahrer allerdings anders. Nach kurzer Hektik nimmt er meine Kreditkarte, legt sie bei sich vorne ins Fach und meint: Am Flughafen klärt er das für mich. In jedem anderen Land wäre ich misstrauisch – aber hier in Südkorea sind die Menschen so korrekt, dass ich mir keine Gedanken mache. Am Terminal springt der Fahrer mit meiner Karte raus, läuft zu einem herumstehenden Mann mit Uniform und Kartenleser, und gibt mir dann die Karte mit Quittung. Das ist Kundenfreundlichkeit! Ich stelle mir vor, wie ein Koreaner in Europa behandelt würde, der in einer ähnlichen Situation wäre, und es beschämt mich.

Der Flug geht wieder über Shanghai, hier ist es zur Landung bereits dunkel. 5 Stunden Aufenthalt ziehen sich, ich laufe zwischendrin einmal das Terminal von hinten bis vorne durch, um noch ein wenig Blut aus den Beinen zu pumpen vor dem langen Flug, und um nicht am letzten Tag noch die Combo zu brechen – wir hatten keinen Tag in diesem Urlaub unter 10.000 Schritten, im Schnitt waren es 20.000. Das tut dem Körper richtig gut, wir fühlen uns beide fit und haben die Reise in vollen Zügen genossen!

Wie immer ist so ein langer Flug ein Gute-Laune-Killer, diesmal bin ich fast so weit zu sagen, ich will so lange Flüge in Zukunft Business fliegen. Wie Sardinen eingequetscht geht es 14 Stunden von Shanghai nach Madrid, und weil wir nach Westen fliegen, ist es bis zur Landung stockdunkel. Nicht mal Lichter sind zu sehen, die kompletten 10.000 Kilometer über China, die Mongolei, Sibirien, Finnland bis wenige Sekunden vor dem Touchdown fliegen wir über dichte Wolken. Trotz Einnahme von Melatonin können wir kaum schlafen, insgesamt komme ich auf maximal 2 Stunden.

In Madrid angekommen dauert es dann am Gepäckband über eine Stunde, bis unsere Koffer endlich ankommen. Daheim angekommen ist es eiskalt, wir hatten die Heizung auf Abwesenheit gestellt, und können sie dummerweise nicht fernsteuern. Es wird ein wenig dauern, bis die Zimmer von 10 Grad wieder auf vernünftige Temperatur geheizt sind.

Kaum angekommen, geht es direkt zum Flughafen zurück – Gabi muss heute noch nach München, für sie ist die Odyssee noch nicht vorbei.

Ein wunderschöner Urlaub, zwei weitere tolle Länder kennengelernt. Einmal mehr wird uns vor Augen geführt, dass Europa technologisch immer weiter zurückbleibt und andere Länder heute die Zukunft schreiben.

Ich sage 감사합니다 (Gam-sa-ham-ni-da / Danke), Südkorea, wir wurden großartig empfangen und gehen als Freunde!

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