Wir verlassen Skye über die Brücke, die ich mir deutlich länger vorgestellt hatte. Die Fährverbindung über den Loch Alsh war durch den ansteigenden Tourismus auf der Insel im Sommer überfordert, dennoch vermute ich, dass der Fährbetreiber alles getan hat, was er konnte, um die Brücke zu verhindern.

In Dornie teilt sich der Loch Alsh in zwei Zweige, und im Kreuzungspunkt liegt die Insel Donan. „Insel“ ist auf Gälisch „Eilean“, und so heißt das Schloss darauf Eilean Donan Castle. Wer Highlander oder Entrapment gesehen hat, erkennt das Schloss.


Ich hatte mich darauf schon zu sehr gefreut und bin ein wenig enttäuscht. Das kann aber am diesigen Licht liegen, durch die viele Sonnenstrahlung der letzten Tage verdampft die Feuchtigkeit im Moos, alles wirkt heute früh blass.
Dass viel Wasserdampf in der Luft ist, erkennt man auch am Kondensstreifen eines Flugzeugs, der übergroß ist und einen deutlichen Schatten im Himmel wirft.

Die Straße führt dann am Glen Shiel und später am Loch Cluanie entlang. Hier könnte man auch bei wunderschönem Panorama fernwandern, wir sehen mehrere Paare auf Wanderschaft. Der See ist mangels Wind und Strömung spiegelglatt, immer wieder bleiben wir stehen, um die Berge auf dem Kopf stehend anzusehen.



Bei Invergarry treffen wir wieder auf den Great Glen Fault, den wir vor einigen Tagen in Fort William verlassen hatten. Man kann mit einem kleinen Boot von Meer zu Meer fahren, neben den drei Seen (Lochy, Oich und Ness) führt der Weg durch den verbindenden Caledonian Canal. Am Ende von Loch Oich führt die 1854 errichtete Bridge of Oich über den Fluss (Autos benutzen die neue Brücke), über den Kanal geht eine drehbare Brücke, damit Schiffe passieren können.





Am Ufer wie überall die beiden zu dieser Jahreszeit auffälligsten Pflanzen, Ginster und Narzissen.
In Fort Augustus ist erneut eine Drehbrücke, doch sie scheint technische Probleme zu haben. 15 Minuten laufen mehrere Arbeiter in Warnwesten hektisch hin und her, während die Brücke gesperrt ist. Am Ende öffnen sie die Schranken, ohne dass sich die Brücke geöffnet hat. Im Nachhinein hätten wir hier halten und uns den Kanal mit der Schleusentreppe anschauen sollen, aber irgendwie habe ich das verpeilt.


Im Great Glen ist jetzt auch der Dunst vorbei, die Sonne scheint warm auf den Loch Ness, der hier beginnt. Kein mysteriöser Nebel, in dem man verschwommene Bilder von Nessie machen kann.
Jetzt sind wir an so vielen Burgen vorbeigefahren, eines müssen wir dann doch auch mal anschauen. Urquhart Castle lassen wir also nicht links liegen. In einem Kino wird kurz die Geschichte der Burg und deren Zerstörung erzählt, dann fährt die Leinwand hoch, der Vorhang öffnet sich, und man erblickt durch das Panoramafenster die Ruine. Das ist gut gemacht, für fast 20 € Eintritt will man ja auch etwas geboten bekommen. Die Anlage ist gut gepflegt, und man bekommt ein Gefühl, wie das früher ausgesehen hat.
Vom Wohnturm aus blickt man herab auf Loch Ness und erkennt, wie steil der See abfällt.





Im Shop gibt Gabi mir deutlich zu verstehen, wie schrecklich es ist, dass beide Möglichkeiten auf Harris and Lewis, eine Tweed-Handtasche zu shoppen, vereitelt wurden. Und so läuft sie glücklich und zufrieden aus dem Museumsladen heraus. Ich verstehe umgehend, dass das Leben ohne diese Handtasche praktisch nicht lebenswert ist!

Nach einem kurzen Aufenthalt in Inverness (So viele Autos, Stau, Hektik – das sind wir nicht mehr gewohnt!) verlassen wir den Great Glen Fault und fahren nun gen Osten. Etwa 50 km Luftlinie östlich von Inverness kenne ich plötzlich jeden zweiten Namen auf den Straßenschildern, obwohl ich noch nie hier war. Knockando, Aberlour, Benromach, Cardhu, Dufftown …
Wir fahren auf den Glen Spey zu, der der Region den Namen Speyside gegeben hat. Hier kommen die meiner Meinung nach besten Whiskymarken her, und einen meiner Favoriten besuchen wir gleich. Kurz bevor wir ankommen, fahren wir an einem Wiederaufforstungsgebiet vorbei, hier wird auf mehreren Quadratkilometern aufgeforstet. Der Berg, den man auf dem ersten Bild sieht, ist der Ben Rinnes, an dessen Fuß unter anderem Glenfiddich, Aberlour, Glenlivet und Macallan produziert wird.


Letztere Distillery besuchen wir jetzt. Hier kann man richtig viel Geld ausgeben, in der Bar kann man einen 10 ml-Dram für 8 Pfund probieren, aber auch für über 10.000. Dementsprechend luxuriös ist das Visitor Center, das Hundertwasser gefallen würde.






Vergangenes Jahr hat Macallan das 200. Jubiläum gefeiert, und so sind über die Jahre einige Flaschen zusammengekommen. Nach dem Eingang steht eine Wand mit 720 Flaschen, dahinter im Regal noch mehr, und auch einige Sonderanfertigungen, wie zum Beispiel die sieben Liter fassende Riesenflasche.
Wir verkosten in der Bar mit Ausblick über das Spey-Tal einen ganz normalen Macallan, 12 Jahre Oak Cask. Die Massenware bei Macallan ist gut, aber nichts Besonderes. Ganz anders der zweite Kandidat, ein Macallan Enigma. Bei 28 £ für das Dram ist er zwar relativ günstig im Vergleich zu den anderen Optionen auf der Karte, aber definitiv am oberen Ende dessen, was ich bereit bin, auszugeben. Aber es lohnt sich: Herrlich duftend liegt der Whisky sanft und fruchtig auf der Zunge, ein Unterschied wie ein Steak im guten Restaurant und ein Minutensteak auf dem Grill an der Isar. Kurz überlege ich, mir eine Flasche einzupacken, aber über 400 € für eine Flasche ist über meiner Schmerzgrenze. Im Internet ist er für „nur“ 260 € zu finden, aber auch das möchte ich nicht ausgeben. Aber wer weiß, vielleicht werde ich in den nächsten Wochen doch noch mal schwach.

Vor dem Eingang des Visitor Center steht ein Manor House, hier wohnt vermutlich der Chef, und er hat sein Auto davor geparkt. Das passt zum Luxus der Anlage, ein Bentley Bentayga, Kostenpunkt so irgendwo um die 250.000 €.


Auf dem Weg zum Hotel fahren wir noch auf einen Aussichtspunkt, damit wir den Glen Spey auch mal sehen können, hinter der einzig verbleibenden Mauer des Rothes Castle. Direkt daneben übrigens die Glen Spey Distillery, und 200 Meter weiter noch etwas sehr Leckeres, Glen Grant.


Es ist beruhigend zu sehen, dass im Spey noch ausreichend Wasser ist, obwohl eine Distillery neben der Anderen das Wasser in Genuss verwandelt.
Unser Hotel ist dann in Lossiemouth, einem Ort an der Nordseeküste mit anliegender RAF-Base. Auf dem Rückweg vom Abendessen hören wir das: Zwei Hubschrauber schweben lärmend über dem Ort. Allgemein ist die RAF gut im Training – bei der weltpolitischen Lage vermutlich nicht zu Unrecht. Bereits zweimal sind die letzten Tage Kampfjets im Tiefflug über unsere Köpfe geschossen. Die engen schottischen Täler sind ideales Übungsgebiet, nehme ich an. Ich hoffe, dass es noch sehr lange bei Übungen bleibt!

Der Whisky des Tages beim Abendessen ist nach der Vorlage in der Distillery nicht beeindruckend, ein 12 Jahre alter Glenfiddich. Eigentlich ein guter Whisky, aber für heute bin ich versaut.
Und, auch das soll nicht unerwähnt bleiben, obwohl ich es verpasst habe: Seit 11:01 Ortszeit ist offiziell Frühling!