Heute Morgen machen wir ausnahmsweise mal ein wenig langsamer und kommen erst um 10 aus dem Hotel. Richtung Meer ist es wolkenlos, und es ist in der Sonne angenehm warm. Vor dem Hotel liegt – schließlich sind wir in Schottland – ein Golfplatz inklusive röhrendem Hirsch.


Wir fahren zum Frühstücken zur Mündung des Glen Spey an den Kieselstrand. Als wir aus dem Café herauskommen, ist die Sonne weg, und es ist ziemlich windig.


Wir folgen dem Spey flussaufwärts zurück nach Rothes, wo wir zu Glen Grant wollen. Allerdings haben wir kein Glück: Renovierungsarbeiten, geschlossen.

Nur ein kurzes Stück weiter den Spey entlang in Dufftown, neben dem (ebenfalls aus demselben Grund geschlossenen Balvenie Castle) liegt die Destillery des wohl bekanntesten schottischen Whiskys: Glenfiddich.




Hier probieren wir den Glenfiddich Project XX. Fruchtiger Geruch, im ersten Schluck sehr angenehm, jedoch wird er beim zweiten Schluck scharf. Mehr darf ich nicht, ich muss ja fahren. Gabi bestätigt aber, dass er bei jedem weiteren Schluck würziger und schärfer wird. Die Schärfe stört mich, aber das ist ein solider Whisky.
Der Wind wird stärker, als wir durch Dufftown fahren, weht es kleine Sandteufel über die Main Road.
15 Minuten weiter biegen wir von der A95 links ab, bei Glenfarclas gibt es keine Bar, aber dafür einen sehr britischen Saal, in der man "complementary tasting" bekommt. Den 10- und den 15-Jährigen darf man kostenlos probieren. Ersterer ist erstaunlicherweise besser, und er hat den ganz typischen Glenfarclas-Geschmack, sofort erkenne ich den "105" raus. Dieser 60%ige Cask Strength Whisky ist der auffälligste Whisky der Distillery, mit dem heute probierten bekommt man denselben Grundgeschmack, aber bei nur 40 %, und ohne das brennende Gefühl, wenn man den sehr starken 105er zu schnell trinkt.


Den besten Whisky des Tages bekommen wir bei Glenlivet. Hier gibt es ebenfalls eine schöne Ausstellung, und schon auf dem Parkplatz ein nettes Detail: Die Warenhäuser sind von außen getoastet, also schwarz angekokelt, so wie Whiskyfässer von innen.




Hinter dem Ausstellungsraum ist im Sitting Room die Bar, wir probieren den Glenlivet Taiwan 15 years – eine Sonderanfertigung für den taiwanesischen Markt. Toller, intensiver Geruch, fruchtig und sanft im Geschmack, mit einem deutlichen Hauch Schokolade. Hervorragend, aber es fehlt der Wow-Faktor wie gestern beim Enigma. Dafür kostet er auch nur ein Viertel. Im Sitting Room sitzt man sehr gemütlich, geschmackvoll eingerichtet.


Da ich immer nur ein wenig nippe, ist meine arme Frau inzwischen reif für ein gutes Mittagessen. Geplant war es, von hier auf den Hügel hochzulaufen, aber erstens finden wir den "you cannot miss it!"-Pfad nicht, und zweitens ist der Hügel baumlos, und bei dem starken Wind ist das nicht einladend. Dafür finden wir ein kleines Castle direkt hinter der Destillerie.




Wir stellen fest: Getränketechnisch sind die Briten ganz weit vorn, Cider und Whisky kann niemand so gut wie die Engländer in Essex und die Schotten in Speyside. Was das Essen angeht … da schweigen wir lieber. Wir sehnen uns nach Gemüse, das es hier immer nur in Form frittierter Kartoffeln (Chips oder noch schlimmer Crisps als Beilage zum Essen) gibt. Auch im Supermarkt ist die Gemüsetheke so klein und schlecht bestückt, ich verstehe nicht, wie man mit so wenig Vitaminen überleben kann.

Immer weiter fahren wir das Speytal südwärts und kommen in den Cairngorms National Park. Derselbe Herr, der uns gesagt hat, dass man den Wanderweg bei Glenlivet nicht verfehlen kann, hat uns die Craigellachie National Nature Reserve wärmstens ans Herz gelegt. Wir laufen eine Stunde durch den Wald, es ist schön, aber für einen Münchner ist das nichts Besonderes. Wir kommen auch nicht weit, weil der Weg auf halber Strecke den Hügel hoch total vermatscht ist. Gut für die Kröte, feucht für meine Socken.







Zum Abendessen gehen wir in den Supermarkt und kaufen uns abgepackten Salat. Wir sind beide heute ein wenig schlecht gelaunt, weil wir endlich mal wieder etwas Vernünftiges essen möchten, und nicht immer nur Fish & Chips oder Burger. Auch die Rolls (Semmeln) schmecken wie Schwamm und töten jeglichen Geschmack.
Heute mal früh ins Bett, und morgen wird sicher wieder ein toller Tag!
Fazit der Distillery-Besuche: Alle, bei denen wir waren, sind den Besuch wert. Keiner der probierten Whiskys war schlecht, alle hochqualitativ und gut zu genießen. Macallan stach sowohl beim opulenten und luxuriösen Gebäude sehr deutlich heraus, als auch bei Preis und Qualität der Probe. Wer keine Zeit hat und nur eine oder zwei Distilleries besuchen kann, sollte dorthin gehen, zweite Wahl wäre Glenlivet.