Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Nach Aragonien

Nach einem nicht besonders lukullischen Frühstück brechen wir Richtung Norden auf. Wenn auch nicht politisch, so sind wir historisch schon in Aragonien: Die Mühle von Aragonien ("Molina de Aragón") war bei Gründung im 10. Jhdt. Teil des Königreichs Aragonien und bald eine wichtige Grenzfestung. Doch die vom Menschen gezogenen Grenzen sind den Rehen damals wie heute vollkommen egal.

Auf der Burg und im Dorf weht eine bekannte Flagge, die an Ketchup und Mayo erinnert – die Habsburger waren auch 150 Jahre die Oberhäuptlinge von Spanien. Selbst heute regieren so manche österreichische Politiker noch aus Spanien, z.B. von Ibiza aus.

In praller Sonne bei über 30 Grad sind die wenigen Meter hoch zur Burg anstrengender als gedacht, aber die Aussicht tröstet. Zurück im Auto sind wir um den Fahrtwind sehr dankbar.

50 km weiter sind wir tatsächlich auch politisch in der neuen Region, und suchen Schatten. Den finden wir in den Gärten des Felsenklosters ("Monasterio de piedra"). Die Kirche hat sich mal wieder die schönsten Stellen gekrallt, und konvertieren sie erfolgreich in bunte Scheine. Widerstrebend lassen wir fast 40 Euronen bei den Beschützern der hübschesten kleinen Kindern, und dürfen in den Schatten.

Der Rundweg ist wunderschön und einige Kilometer lang – das ist leider nicht zu Beginn klar, und es gibt auf dem Weg keine Tankstelle für durstige Münder. Wir sind nicht als einzige mit zu wenig Wasser gestartet, und eine Familie mit mauligen Kindern und mauligen Eltern fragt uns schon nach wenigen Metern, ob wir wissen, wann endlich die Seen kommen.

Es geht jedoch erst einmal durch Wälder mit schön angelegten Gärten, meistens im Schatten.

Noch ein paar Mal hoch und runter steigen, dann sind wir im Paradies angekommen.

Die Schwanenseen kühlen angenehm herunter, und noch schöner wird es, als wir an den ersten Wasserfällen ("Cascadas") ankommen. Die Gischt wässert nicht nur das Gras auf diesem Stein, sondern kühlt auch die Umgebung sehr merklich herab.

Mindestens ein Dutzend kleine und große Wasserfälle sind hier im Herzen des Parks, wunderschön arrangiert. Die Mönche haben sich hier ein wirkliches Paradies erschaffen.

Von oben sieht der große Wasserfall so friedlich aus!

Es ginge noch eine Schleife zum Spiegelsee und dem Teufelsfelsen, aber trotz Kühlung durch die Fälle haben wir nichts mehr zu trinken, und es gibt keine Brunnen oder Kioske. An das Wasser im Bach trauen wir uns nicht.

Am Ausgang gibt es eine Bar, und nach einer kühlen Cola und einem Eis geht es uns wieder gut!

Und nachdem ich erfahren habe, dass das Kloster gar nicht mehr der Kirche gehört, sondern in Privathand ist, kann ich ohne schlechtes Gewissen noch mal herkommen und den Rest anschauen.

Die Straße weiter nach Norden ist wie die letzten 200 km praktisch nur für mich gebaut, alle Viertelstunde kommt mal ein Auto entgegen. Es geht in engen Kurven über viele Hügel langsam bergab, und irgendwann beschließe ich auf die Autobahn auszuweichen, weil ich sonst bald den Führerschein loswerden würde. Es ist praktisch unmöglich, hier die erlaubten 90 km/h auch nur annähernd einzuhalten.

Am Nachmittag erreichen wir die Hauptstadt der Region, Zaragoza. Wir haben ein Hotel im Stadtzentrum, aber vor 20 Uhr trauen wir uns nicht auf die Straße. Kurz vor Sonnenuntergang hat es immer noch über 40 Grad, die Anzeige stimmt ausnahmsweise mit der Wetterapp und meiner Uhr überein.

Einige geeiste Drinks und eine Flasche Weißwein später hat es ein wenig abgekühlt, und wir trinken noch einen Absacker in der "Charles Bronson Bar". Im Schein des Vollmondes wanken wir nach Mitternacht zurück zum Hotel, und wie üblich in Spanien sind immer noch jede Menge Kinder auf den Straßen.

Erstaunlicherweise haben wir am Morgen keinen Kater. Obwohl es uns reizen würde noch einen Tag in der Stadt zu bleiben – es soll heute mindestens so heiß werden wie gestern. Also beamen wir uns 50 km weiter nach Norden und 1000 Höhenmeter nach oben, hier sollen an einem Bergbach Naturpools sein. Die Straße dorthin ist schon abenteuerlich, kaum über 3 Meter breit windet sie sich steil den Pass herab. Gut, dass praktisch nichts los ist, es ist wenig Platz, um entgegenkommende Autos vorbeizulassen.

Die Pools sind dann doch fast 2 km von dem Parkplatz weg, damit hatten wir nicht gerechnet. Ohne Hut und nicht eingecremt keine gute Idee. Die Pools habe ich nicht fotografiert, zu viele knapp bekleidete Menschen – aber ich kann sagen: Es hat sich gelohnt, auch wenn es keinen Schatten im Wasser gibt, und so nach 15 Min. schon wieder Schluss mit lustig ist.

Den Rest des Tages ist mir permanent schwindelig, dumme Idee das Cap im Auto zu lassen!

Am Nachmittag laufen wir – diesmal mit Kopfbedeckung – noch durch die Altstadt von Jaca und um die Zitadelle. Die kann man auch besuchen, aber es gibt dort im Wesentlichen Waffen und Dioramen mit Soldaten zu sehen. Das sparen wir uns, und fahren ins Landhotel ein Stück außerhalb. Dort gibt es einen Pool und eine Bar mit kühlen Getränken!

In der Altstadt von Jaca entdecken wir übrigens eine Kuriosität: Das "Frankfurter Alt Heidelberg", scheinbar eine Kette von deutschen Restaurants mit Ursprung im Barcelona kurz vor dem spanischen Bürgerkrieg. Die Restaurants sind im "ursprünglichen bayrischem Stil" eingerichtet – bekanntermaßen ist Heidelberg ein Stadtteil der bayrischen Stadt Frankfurt.

So schön es hier in den Bergen ist: Der Plan hier zu wandern ist sinnlos, selbst auf 2000 Metern hat es noch fast 30 Grad, und man brutzelt in der Sonne wie eine bayrische Frankfurter Wurst. Morgen entscheiden wir, ob wir zum Aktivurlaub nach Westen ins kühle Baskenland oder Asturien abbiegen oder nach Osten zum katalanischen Mittelmeer, um uns eine Hotelanlage mit Poolbar und Chiringuitos am Strand zu suchen.

Vorerst sitze ich im kühlen Aufenthaltsraum des Hotels und warte, bis es im Zimmer eine Temperatur erreicht, bei der an Schlafen zu denken ist. Irgendwas hat dieses Jahr den Mephisto in mir ausgetrieben, oder liegt es an dem gestern erreichten hohen Alter, dass ich bei lächerlichen 40 Grad schon anfange zu schwächeln? Was ist nur los mit mir?

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