Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Das Gredos-Massiv

Etwa 100km westlich von mir ist laut der Light Pollution Map ziemlich wenig Lichtverschmutzung. Und weil ich das Wochenende unbedingt aus der Stadt raus will, ist das doch ein gutes Ziel. Schon bevor ich die Passstraße über die Guadarrama erreiche, sehe ich bereits die Rauchwolke am Himmel – genau in meiner Richtung brennt es. Glücklicherweise liegt es dann doch ein wenig weiter südlich, und weit weg von meinem Zielort, noch vor Ávila.

Die Straße nach Ávila kenne ich inzwischen gut, hier ist es rechts und links sehr sehenswert (wenn es nicht gerade brennt). Danach wird es dann nicht weniger schön, aber die Straßen deutlich enger, und so brauche ich für die 120km Luftlinie knapp 2 Stunden.

Das habe ich gut getimed, die Sonne ist gerade am Untergehen, als ich am „Mirador estelar“ ankomme.

So sehe ich auf der anderen Talseite noch die Gipfel des Gredos-Massivs, das sich bis auf 2500m erhebt. Der Aussichtspunkt auf etwa 1600m ist eine große umzäunte Wiese neben der Straße, und tatsächlich ist es hier leidlich dunkel. Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang ist die Milchstraße deutlich zu erkennen.

Die Bedingungen sind natürlich nicht optimal, es hat um Mitternacht immer noch zwischen 25 Grad, und die Luft flimmert. Außerdem habe ich nur ein Zeitfenster von etwas über einer Stunde zwischen Dunkelheit und Mondaufgang. Das wusste ich vorher, aber ich bin auch eher hier, um für spätere Besuche auszutesten.

Sobald der Mond da ist, hat es sich natürlich mit Sterne betrachten, und so lege ich mich auf einer Matte neben das Auto, kucke noch ein wenig nach oben und schlafe dann ein.

Nachdem mich die Sonne am Morgen wach küsst – wer auch sonst, die Frau ist ja gerade in Deutschland – genieße ich bei einem Frühstück im Kofferraum die Aussicht über das Tal.

Ich habe auf meiner Karte eine „Will-ich-hin“-Flagge ganz in der Nähe, aber ärgerlicherweise fahre ich mit dem Auto bis ganz hin, und so beschränkt sich eine Wanderung darauf, die 200 Meter von der Straße zu den Wasserfällen herabzusteigen.

Ehrlich gesagt ist es dann auch nicht so sehr spannend, und so fahre ich die Passstraße auf die andere Seite des Massivs – auch dort habe ich so eine Flagge. Die Aussicht ist fantastisch, aber man darf sich nicht zu sehr ablenken lassen, denn die Rennräder und Motorräder sind in großer Zahl unterwegs. Über den Pass geht auch eine alte Römerstraße, ich finde das ja immer wieder „mindblowing“, dass diese Straßen hier seit vermutlich knapp 2000 Jahren existieren und als Wander- und Forstwege oft immer noch im Einsatz sind.

Die Bergkette ist von Süden aus deutlich wilder und steiler, und das gilt auch für die Straßen, besonders in den Dörfern. Google sagt, ich soll in Straßen abbiegen, die aus meiner Sicht nur für Fußgänger oder bestenfalls für Esel gebaut wurden. Als ich auf einer Kuppe in einer Gasse aufsitze, die rechts und links mit eingeklappten Spiegeln nur 1-2cm Platz lässt, bin ich kurz davor umzudrehen. Ich komme aber rückwärts wieder raus, und es geht über eine ein klein wenig breitere Straße in ein weites Tal mit dramatischen Felswänden. Die Kurbelei am Lenkrad hat sich gelohnt!

Ich parke an einem rege besuchten Brunnen in „El Hornillo“, und packe meinen Rucksack. Aber nach nur ein paar hundert Metern beschließe ich, dass ich wieder umdrehen muss. Es ist erst 11 Uhr, aber der Ort macht seinem Namen alle Ehre – „El Hornillo“ ist der kleine Ofen. Es hat bereits über 30 Grad, und bevor ich ans Ortsende komme, ist der erste Liter schon ausgetrunken. Die kurze Wanderung war trotzdem nicht ganz umsonst, Wasserläufer und Bienen wollen ge-slow-motioned werden.

Dann tue ich eben anders etwas für die Gesundheit, und fahre auf dem Heimweg einen Umweg über eine Bodega, die ganz leckeren Vermú (Vermouth) hat. Ich komme dabei durch Talavera de la Reina, die Brücke dort ist nach wie vor noch so verkehrsarm, dass ich auf der vierspurigen Straße erneut anhalten kann, um ein Foto zu schießen.

Nach der Bodega geht noch ein Mittagessen, und danach ist es so heiß, dass auch die Klimaanlage das Auto nicht mehr wirklich kühl bekommt. Hier im Tajo-Tal auf nur 450m Höhe steht die Luft, es hat 43 Grad, und die Berge verschwinden im Flimmern.

Als ich wieder in Madrid ankomme, schwitzend trotz Klima auf 16 Grad, erscheint mir die Skihalle im Xanadu-Einkaufszentrum seltsam albern. Stattdessen lege ich mich zu Hause lieber in eine Badewanne mit kaltem Wasser!

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