Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Der höchste Aufstieg

Nachdem unser Hotel für eine Verlängerung (wie meist haben wir Vagabunden nur eine Nacht gebucht) einen deutlichen Aufpreis will, beschließen wir uns ein Neues zu suchen – wofür haben wir jetzt einen spanischen Hotelvergleich? In Playa de las Américas werden wir nicht fündig, ein Hotel zwischen deutschen Schönheitschirurgen, deutschen Shops und deutschen Restaurants ist uns zu kolonialistisch.

Darum verschieben wir die Entscheidung auf den Abend und starten die Fahrt nach oben. Es geht steil bergauf, und bei 1000 hm machen wir den ersten Stop. Die Aussicht ist super, die Vegetation wandelt sich bereits, aber die Temperatur ändert sich erstaunlicherweise kaum: Von den 17 Grad am Meer sind hier oben noch 16 übrig.

Weiter geht es mit vielen Kurven und stetig bergauf, auf 1500 hm sind wir bereits voll in den Wolken, die Pflanzen wechseln mit jedem Höhenmeter. Auf 1800 hm sind wir im Nebelwald, mit schönen gelben Blüten am Wegesrand.

Kurz darauf erreichen wir eine Hochebene auf knapp über 2000 Metern Höhe, und hier stockt der Verkehr. Die Straße ist gesperrt, ein Film wird gedreht.

Nach 15 min Pause geht es weiter, die Wolken enden und der Gipfel ist in Sicht. Er sieht so klein aus, aber tatsächlich geht es von hier nochmal 1600 Meter nach oben!

Die Teleférico hebt uns auf fast 3600 Meter über dem Meer, die letzten 150 Meter müsste man zu Fuß gehen. Dazu sind wir nicht fähig, die Höhenluft setzt uns allen mehr oder wenig zu. Ich fühle mich wie nach ein paar Glas Wein und muss bei dem unebenen Boden sehr aufpassen nicht zu stolpern. Und das liegt nicht (nur) daran, dass ich die Welt durch die Kameralinse sehe!

So weit oben bin ich noch nie außerhalb eines Flugzeugs gewesen – Achievement unlocked! Ein bisschen schade, dass man nicht wirklich bis nach unten sieht, man sieht "nur" zur Hochebene, das ist weniger als die halbe Strecke. Andererseits ist der Fluss der Wolken über die Calderawand total spannend, die weiße Watte walgt über die Kante und löst sich dabei auf. Da könnte ich lange zukucken!

Wirklich merkwürdig: An der Talstation hat es dieselbe Temperatur wie am Meer, und die Sonne brennt ungebremst herab. Selbst oben, wo man sich auf Reiseflughöhe eines Flugzeugs fühlt, ist es noch warm genug für kurze Hose und T-Shirt, die Jacke habe ich vollkommen unnötig mitgetragen!

Es liegt an wenigen Stellen noch so etwas wie Schnee, aber in skurrile Formen geschmolzen.

Viel zu früh müssen wir wieder herab, bevor der Sauerstoffmangel Opfer verlangt, erst mit der Seilbahn…

… und dann mit dem Auto. Nach dem Plateau tauchen wir wieder in die Wolken ein.

Das wird spannend, wie durch eine weiße Wand geht es herab, und unser Hotel in Los Gigantes empfängt uns in luftiger Höhe von 148 Metern über dem Meer.

Los Gigantes beschreibt die Felswände hier gut, 450 Meter geht es fast senkrecht zum Wasser herunter, Cliffdiving nur für sehr Fortgeschrittene!

Großzügige Terrassen erlauben einen Blick über das Meer bis nach Mitternacht, und weil die Temperatur auch Nachts praktisch nicht absinkt, finde ich erst sehr spät den Weg ins Bett.

Ach ja, man kann übrigens inzwischen auch mit Handyknipsen gar nicht so üble Sternfotos machen:

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