Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Kein Zauber an der Côte d’Azur

Nachdem wir jetzt wieder besser in der Zeit liegen, wollen wir uns an der französischen Mittelmeerküste mehr Zeit nehmen. Bis Marseille geht es noch über die Autobahn, dann fahren wir ab. Die Stadt ist nach wie vor gruselig. Heruntergekommen, chaotisch, Furcht einflößend. Marseille hat fast eine Million Einwohner, aber hatte bis vor Kurzem nur knapp über 200 Polizisten. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es je nach Bundesland 250–450 Polizisten – pro 100.000 Einwohner. Also 10- bis 20-mal mehr. Und so regiert in Marseille die Drogenmafia die Stadt, ein weiteres Opfer der unsinnigen Prohibition von Drogen. Inzwischen wurde die Anzahl der Polizisten verdoppelt, aber das kann nur ein Anfang sein. Vor allem muss die Ursache bekämpft werden: So wie die Alkohol-Prohibition den Alkoholkonsum kaum beeinflusst hat, aber ein massives Mafia-Problem verursacht hat, muss Drogenkonsum legalisiert werden. So schnell wie möglich, mit Steuern auf die Produkte, zweckgebunden zur Suchtbekämpfung und ein Werbeverbot für Drogen aller Art, von Medikamenten über Alkohol, Zigaretten zu Crystal Meth.

Hinter der Stadt fahren wir über die Hügel, bis wir in Toulon wieder zum Meer kommen. Wir promenieren am Strand entlang und machen Mittag.

Toulon hat ein großes Rugby-Stadion und ist wohl recht erfolgreich in dem Sport.

Die Straße geht wieder ins Inland über Hügel, erst bei St. Tropez kommen wir erneut ans Wasser. Wir gehen eine ganze Zeit durch den Ort, entdecken aber nicht, warum die Superreichen ausgerechnet hierher kommen. Vermutlich ist das eher so ein Zufallsding, irgend ein Reicher und Mächtiger hat hier Urlaub gemacht, und darum kamen mehr Reiche und Mächtige. Jetzt sind die Bucht und der Hafen voller Yachten, und der Ort quillt über vor Touristen.

Wir wollen die Badehose nicht vollkommen umsonst eingepackt haben, und so springen wir am Stadtstrand auch ins Wasser. Es ist unterwältigend, voller Algen und Dreck, es gibt keine Dusche. Kurz: Hätte man sich sparen können.

Als wir den Ort verlassen, sind wir nicht allein. Die einzige Zufahrtsstraße staut sich über viel Kilometer, und als wir an dem Ende der Bucht angekommen sind, fahren wir lieber einen Bogen über die Berge als weiter in der Blechschlange zu stehen.

Wir buchen ein Hotel bei der Konkurrenz, und werden instant belohnt: Das gebuchte Hotel gibt es nicht. Wir fahren die Straße hoch und runter, fragen am benachbarten Campingplatz und auch Passanten. Niemand kennt das Hotel. Der Service von Booking ist nur über eine englische Nummer erreichbar und nach mehreren Minuten in der Warteschleife legen wir auf, bevor die Telefongebühren die Hotelkosten überschreiten. Wir beschweren uns per Email bei Booking und buchen wieder brav bei hotel.check24.es.

Am nächsten Morgen wollen wir die Straße entlang der Küste nehmen, durch Cannes, Nizza, Monte Carlo. Auf dem Weg zur Küste entdecken wir die Spuren eines übermütigen Autofahrers im Straßengraben.

Sowohl in Cannes, …

… als auch in Nizza …

… ist man auf der Strandpromenade zu Fuß schneller als mit dem Auto unterwegs.

Wir geben auf, das ergibt keinen Sinn und erzeugt nur Frust. Also gebe ich Turin auf dem Navi ein, und wir biegen ab. Was wir viel zu spät merken: Es ist noch „Maut vermeiden“ eingestellt, und so routet uns das Navi über das Skigebiet Isola 2000 und den Col de la Lombarde, einen Pass, der die Alpen auf 2350 Metern über dem Meer überquert. Mich stört das nicht so sehr, meine Beifahrer sind ein wenig genervt vom Gekurve.

Schon weit vor der Passhöhe beginnen die Wolken, es regnet immer wieder, und wird ekelhaft Grau in Grau.

So gerne würde ich oben Wandern gehen, aber es ist kalt, windig und nass. Trotzdem sind wir guter Laune. Italia, bella Italia!

Beim Abstieg halten wir mehrfach, einmal wegen der rot glühenden Bremsen, und auch wegen des langsam aufkommenden Hungers. Aber als wir die erste Wirtschaft erreichen, ist es bereits 16 Uhr, und die Küche längst geschlossen. Wir wiederholen das Spiel mehrfach, und schließlich landen wir dann unten im Tal angekommen im Burger-Brater. Die Wolken machen den Abstieg sehenswert, es erscheint aber auch schon schrecklich herbstlich, und das im August!

Am Südrand von Turin finden wir dann unser Hotel, und ich sinke zügig ins Bett. Eine Alpenquerung ist auch im Auto anstrengend.

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