Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

MDR 3 – Nach Leipzig

Wer sein Rad liebt, der schiebt es zum Fachmann. Der findet dann auch die Ursache für das Quietschen: Ein Bremsbelag ist verbogen. Die Wartezeit, bis er mein Rad wieder auf Vordermann bringt, bummele ich erst durch Naumburg, biege aber dann recht schnell in ein Cafe ab um mich aufzuwärmen.

Stadtplatz von Naumburg

Mittags geht es dann weiter an der Saale entlang. Oh! Jetzt macht das viel mehr Spaß, wenn das Rad schön leise und ohne Zicken einfach fährt!

Immer wieder gibt es ganz kurze Sonnenblitzer, aber noch nicht genug um an einem der Restaurant entlang des Radwegs gemütlich im Freien zu essen. Und so fahre ich auch durch das schöne Weißenfels ohne Umweg auf das Hochufer zum Schloss.

Weißenfelser Schlossmuseum

Irgendwann steigt der Hunger dann doch, und ich biege vom Fluss ab. Dummerweise sind jetzt alle Wirtschaften schon in der Nachmittagspause oder haben Ruhetag. Aber das kümmert mich gar nicht, denn plötzlich ist es am Buckel so merkwürdig warm, und die Landschaft leuchtet so wunderbar! In Sachsen ist die Sonne zu Hause!

An einer Seegaststätte sitze ich dann auf der Terrasse, lasse mir die Sonne auf den Bauch scheinen und genieße die Aussicht.

Kulkwitzer See mit Wasserski-Anlage

Je näher ich Leipzig komme, desto schöner wird das Wetter. Ich überquere die Elster und rolle Richtung Stadtmitte.

Seit ich die Stadt das erste Mal Ende der Neunziger für ein Blockpraktikum besucht habe, hat sie ein Platz in meinem Herzen. Vieles hat sich seitdem geändert, die Innenstadt wurde komplett karstadtisiert, der Uni-Tower ist jetzt der Panorama-Tower und beherbergt den MDR, viele alte Gebäude wurden renoviert und erstrahlen jetzt in neuem Glanz.

Und die Anzahl der leer stehenden Häusern ist deutlich zurück gegangen: Damals erschien es mir so, als stünde mehr als die Hälfte der Häuser leer, Heute sind es nur noch vereinzelte Häuser in den Vororten.

Das Gewandhaus wartet auf Konzert-Besucher

Rund um den Panorama Tower ist die Wandlung extrem deutlich. Ich erkenne kaum etwas wieder, die Moritzbastei ist noch am alten Ort, aber die Uni außen rum ist komplett neu und beeindruckend einladend!

Innenhof der Universität

Warum die Uni jedoch nahtlos in eine Kirche ("Universitätskirche", allein der Name…) übergeht will nicht in meinen Kopf. Steht da der Pfarrer neben dem Biologen und prüft gestreng, das er ja das böse Wort "Evolution" nicht ausspricht?

Bevor ich mir die Stadt weiter ankucke geht es erst mal ins Hotel, Gepäck abladen und Kamera laden. Das Jahrhunderthotel ist witzig dekoriert mit Dekostücken aus der Vergangenheit und integriert die Moderne geschickt.

iPad im Holzrahmen

Nach einem kurzen Nickerchen geht es wieder in die Stadt. Ohne Gepäck rast das Rad wie ein Blitz, auch mit inzwischen wieder leerem Akku! Mich zieht es auf den Panorama Tower, den Sonnenuntergang vom 31. Stockwerk aus genießen.

Auch wenn es immer wieder Proteste gegen die Windräder gibt, und geschimpft wird, sie verschandeln die Natur. Leute, das ist die Alternative:

Kohlekraftwerk Lippendorf

Da doch lieber Windräder! Aber nicht alles, was Wolken macht ist ein Kraftwerk: Was da im Westen qualmt ist ein Chemiewerk mit Historie. Vor 100 Jahren wurde hier von Carl Bosch (der mit dem Haber-Bosch-Verfahren) und der BASF ein Ammoniakwerk gebaut. Damit kann man viele nützliche Dinge tun, Felder düngen, Abgase reinigen – oder aber Menschen in ihre Einzelteile sprengen. Und Ende der 1910er Jahre war Letzteres natürlich die bevorzugte Verwendung.

Die Leunawerke

Wo wir gerade bei Krieg sind: Morgen Vormittag mache ich mal wieder einen Versuch, das Völkerschlachtdenkmal zu besichtigen, bisher hatte ich immer Pech. Von Öffnungszeiten, Überfüllung bis Gewitter gab es immer einen Grund, warum ich grad nicht hochsteigen kann.

Völkerschlachtdenkmal hinter der russischen Gedächtniskirche

Aber heute genieße ich erst mal den Sonnenuntergang bei einem leckeren Weinchen.

Vom Flughafen startet ein einsamer Flieger gen Süden.

Und dann legt sich die Sonne schlafen.

Auf dem Heimweg schaue ich, ob sich die damals in den Neunzigern so gerne besuchte Kneipe sehr verändert hat, und stelle zufrieden fest, dass man im Flowerpower immer noch sehr gemütlich den Abend ausklingen lassen kann.

Heim nach Bayern? Noch nicht ganz!

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