Bis zum Zug in die Stadt laufen wir erst mal 3km durch die Suburbs. Lauter kleine, meist aus Holz gebaute Häuschen, wie in LA. Hier in dieser Gegend eher untere Mittelschicht, einige Häuser sind ganz schick, aber der Großteil ist wenig gepflegt, einige Häuser sehen aus wie in Hollywood-Filmen über schwarze Gangster.
Aktuell ist wohl Wahlkampf, überall hängen Wahlplakate. Es wird für Batman gewählt!
Batman ist übrigens John Batman, einer der Gründer von Melbourne, und der Wahlbezirk in dem wir sind heißt eben "Batman".
Das Ticketsystem hier ist doof: Man muss eine Myki-Karte kaufen, die kostet 6$ Pfand (kriegt man nicht wieder), und dann muss man Geld drauf laden. Beim Ein- und Aussteigen hält man die Karte an den Leser, und dann wird pro Fahrt abgebucht. Tagestickets oder sowas gibt es nicht, und so sind wir beide erst mal je 20$ ärmer.
Der Zug bringt uns zum Hauptbahnhof, der von außen sehr schön ist.
Direkt gegenüber des Bahnhofs ist Desgraves Place, der "hippe" Ort für Speisen aus aller Welt und Graffiti.
Direkt gerade aus weiter landet man im luxuriösen Debenhams Kaufhaus, aber vom Preisniveau passt das gut.
Aussies sind ja klamottentechnisch recht beständig: Flipflops und kurze Hose geht bei Mann immer. Und wenn es kalt wird, dann einfach obenrum dick einpacken. Lange Hose ist sooo unaustralisch!
Positiv fällt auf, dass hier scheinbar Landversiegelung und Glyphosat noch nicht so brutal wirken wie in Deutschland. Ja, Mücken und Fliegen nerven, aber dafür gibt es noch richtig viele, und auch viele verschiedene Vögel. Und nicht wie in München nur noch Flugratten (a.k.a. Tauben) und Amseln.
Nächstes Ziel: Die National Gallery of Victoria (NGV) – moderne Kunst vom Feinsten. Am Eingang muss man erst am Water Wall vorbei, ein Paradies für Kinder – ausreichend um kleine Kinder dazu zu begeistern in die NGV zu gehen, wir treffen im Zug ein Pärchen, deren ewa dreijähriger Sohn mir begeistert erzählt, dass sie heute endlich wieder dort hin gehen!
Der Eintritt ist für die Hauptausstellung umsonst, auch die Garderobe kostet nichts. Das finde ich gut, Kunst soll für jeden zugänglich sein! Und im Gegensatz zu den hochgelobten Museen in den USA (MoMA, Legion of Honor), von denen ich eher enttäuscht war, ist das hier richtig spannend! Ein paar Sachen geben auch gute Fotomotive ab – z.B. ein Raum, in dem bunte Fäden gespannt sind.
Toll ist auch ein riesiger Berg Mikrophone – 5m Durchmesser mindestens – in einem fast ganz dunklen Raum.
Ein sehr beeindruckendes Kunstwerk ist dieser kleine Raum – mehr als 40qm hat der nicht. Komplett verspiegelt an den Wänden, kaum Licht, so fühlt man sich in einer riesigen Halle. Von oben werden Lichtspiralen auf den Boden gezeichnet, das hätte ich gerne mal ohne Menschen drin gesehen, das wäre ein toller Meditationsraum!
Ebenfalls ein Besuchermagnet sind diese elektronischen "Spiegel". Meist werden die letzten Personen zusammen gemischt, die davor standen, ab und zu sind auch ältere Bilder mit rein gemischt. Es entstehen ein paar Bilder mit verstörenden Mischgesichtern von Gabi und mir, das hier find ich ganz nett:
Als wir wieder raus kommen, ist auch die Sonne wieder da, aber es bleibt windig und kühl.
Rechts und links des Yarra River findet das dreitägige Moomba-Festival statt, aber Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche, außerdem schiebt sich die Menge dicht gepresst durch, wir drehen schnell wieder um.
Wir umkreisen die Innenstadt noch mal mit der Circle Tram. Trams sind hier das wichtige und heißgeliebte öffentliche Verkehrsmittel, das größte Trambahnnetz der Welt zu haben verpflichtet! In der Innenstadt ist die Tram umsonst, und die Circle Tram ist die Touri-Linie – die Lautsprecherstimme sagt nicht nur Stationen an, sondern macht auch noch den Reiseführer. Eine kostenlose Alternative zu den Sightseeing-Doppeldeckern.
Abendessen gönnen wir uns in der Brunswick Street – die alternative Cafe / Pub-Kulturstrasse. Man hat uns das "Naked for Satan" empfohlen, und auf der Dachterrasse sitzt es sich auch ganz entspannt. Die Preise sind gehoben, aber bei dem Ambiente angemessen. 12$ (8€) für ein Pint Cider / Bier tun trotzdem weh.
Zum Abschluss nochmal der Fussweg von der Trambahn zum Campingplatz, diesmal eine andere Route mit mehr neuen Häusern, und nochmal einem Blick auf die Innenstadt.
Melbourne ist eine spannende Stadt, in der Innenstadt ähnelt viel London, in den Suburbs ist es eher LA. Kulturell scheint viel zu passieren, und man hat das Gefühl, die Menschen fühlen sich generell wohl in ihrer Stadt. Natürlich gibt es wie überall Schattenseiten, wir gehen an einer Menge Bettler und Obdachlosen vorbei, und die englische Baumentalität Marke "Unrenoviert" ist nicht so mein Fall. Auch die Wolkenkratzer sind eher langweilig, dafür ist viel Charme in Kleinigkeiten, und gerade die alternative Szene fehlt halt zu Hause in München ganz extrem.
Trotzdem: Wir haben von dem Trubel schon wieder genug, morgen geht es wieder raus aus der Stadt.