Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Anillo verde – Der gelbgrüne Ring – Teil 3

Warum ist der Ring eigentlich ocker/gelblich angemalt, wenn er doch grüner Ring heißt? Und farblich markiert ist auch nicht der Radweg, sondern der Fußweg daneben. Nutzlose Fragen, die einem durch den Kopf gehen, wenn man stundenlang allein läuft.

Ich starte dort, wo ich gestern gestoppt hatte, an der S-Bahn im Süden von Sanchinarro. Die letzten Tage war schon wenig los, aber heute ist Madrid wie ausgestorben. 4-Tage-Wochenende, Spitzenwetter, viele sind vermutlich zum Meer gefahren, oder besuchen Familie. In der Stadt ist es leer.

Ich laufe Richtung Kilometer 0 des Radweges, aber aufgrund des Wetters bin ich just an dieser Stelle auf der Suche nach Nachschub für meinen Flüssigkeitshaushalt, und verpasse die markante 0 km-Stele vollkommen, obwohl ich direkt daran vorbeilaufe. Sie befindet sich direkt nach der Brücke über die A-1 nach Burgos, an der Grenze zwischen Sanchinarro und Las Tablas.

Was das Haus mit Loch für Sanchinarro ist, ist das eiförmige Gebäude der BBVA für den benachbarten Stadtteil. Die Bank hat hier ihre Zentrale, und auch noch ein paar andere markante Filialen.

Entlang der A-1 geht es durch den Park zum nächsten Autobahnkreuz, wieder zur M-40, mit Blick auf eine weitere englische Privatschule – oder zumindest deren Werbung in Form eines Pfefferstreuers.

Die M-40 sieht man hier aber nicht, denn dazwischen liegt der Berg „Monte Las Tablas“. Es geht einmal rund um Las Tablas, und dann unter der nördlichen Bahntrasse Madrids durch. Hier in der Gegend will ein Freund zu mir stoßen und mich ein wenig begleiten. Ich bin damit beschäftigt, mir seinen Standort auf WhatsApp anzuschauen und zu überlegen, wo wir uns treffen, und bemerke gar nicht, dass in diesem Moment mein Chef mit seiner Familie an mir vorbeiradelt. Seine Frau hatte mich aber erkannt, und er dreht kurz um, um zu kucken, ob ich es wirklich bin.

Eine halbe Stunde spaziere ich dann mit meinem Kumpel durch Montecarmelo, und wir kehren in eine Bar ein, um ein wenig zu ratschen. Nach zwei Wermut und Ausruhen fällt es mir schwer, wieder aufzustehen, und ich peile insgeheim schon die nächste S-Bahnstation an – nach nur 10 Kilometern. Aber bevor ich dort bin, bin ich schon wieder voll im Lauf, und telefoniere die nächsten 10 Kilometer durch weitläufige Außenbezirke im Nordwesten der Stadt.

Von der M-40 geht es zur M-30, und schließlich über die Brücke in die Auen den Manzanares. Hier ist alles mit weißen, wolligen Baumsamen belegt, das sieht gespenstisch aus und ist vermutlich ein großes Feuerrisiko. Ein Funke, und hier steht in Minuten alles in Flammen.

Es ist wunderschön ruhig hier, und so grün, es fühlt sich fast an wie in Deutschland. Inklusive der Mücken, die es in Madrid sonst kaum gibt. Tausende winziger Viecher schwirren um mich herum, sehr ungewohnt!

Jetzt bin ich nahe an Zuhause, dieser Ausblick ist sehr gewohnt, über die M-500 geht es in den Casa de Campo.

Ich habe 23km auf dem Tacho – auf der Uhr weniger, weil ich zweimal vergessen habe, nach der Pause wieder anzustellen. Und im Gegensatz zu gestern bin ich ziemlich fit, ich könnte die letzten 5 km nach Hause problemlos noch laufen. Das verblüfft mich selbst, ich hatte eigentlich vermutet, dass ich heute erst gar nicht starte. Aber die Sonne gibt richtig Kraft, natürlich spüre ich meine Füße, und meine Rückenmuskulatur sagt auch Hallo – trotzdem bin ich nicht vollkommen erschöpft. Ich überlege hin und her, und entscheide mich dann, vernünftig zu sein: Ich habe nichts mehr zu trinken, und es gibt keine Möglichkeit auf dem Weg aufzufüllen. Also steige ich über die Brücke zur Bushaltestelle.

Der Bus kommt nach über 20 Minuten Wartezeit nicht, die App funktioniert nicht, als ein Taxi vorbeifährt, hebe ich schnell die Hand, und bin kurz darauf zu Hause.

Mir fehlen jetzt Luftlinie noch 4km durch den Casa de Campo um die Runde voll zu machen. Das ist kein wirklicher Anreiz mehr, ich kenne die Strecke im Schlaf, und so lasse ich es gut sein, und nutze den 2. Mai zum Ausruhen. Ich beschließe, die Mission als vollbracht zu betrachten, und statt 4 Tage wie geplant, habe ich es in 3 Tagen fast geschafft. Ein Erfolg für den dicken alten Mann, und ein Anreiz, jetzt neue Herausforderungen zu finden.

Insgesamt bin ich an den drei Tagen mit Transferwegen zur Bahn etwas über 60 Kilometer gelaufen, und so sieht mein Track auf der Karte aus:

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2024 Unterwegs

Thema von Anders Norén