Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Das Grab des Akbar

Die 15 Kilometer zum nächsten Ziel dauern über eine halbe Stunde, trotz durchgehend Hauptstrasse. Bereits vom Parkplatz aus ist das Gebäude zu sehen – aber wie wir gleich sehen, ist das nur der Torbogen.

Akbar war der wohl mächtigste der Großmogule, er verhinderte um 1600 nicht nur den Verlust des indischen Teils seines Reiches, er erweiterte das schon auf dem Rückzug befindliche Reich sogar zu seiner größten Ausdehnung, u.a. indem er die Kluft zwischen herrschenden Muslimen und beherrschten Hindu verkleinerte. Zwangssteuern für Nichtmuslime wurden abgeschafft, Akbar heiratete eine Hindu-Frau (neben einem Stall muslimischer Frauen). Fatehpur Sikri wurde von ihm erbaut, und das Gebäude vor uns ist sein Grabmal.

Erst einmal geht es durch einen Garten mit hübschen Pflanzen und Pfauen – und den obligatorischen Kühen, Hunden und Affen natürlich.

Durch den Torbogen betreten wir das eigentliche Gelände, ein riesiger Park mit 4 Toren. Das südliche Tor durchschreiten wir gerade, die restlichen sind Fake-Tore und nur dekorativ. Das westliche Tor sieht man bereits durch die Bäume blitzen.

Doch bevor wir zum Westtor gehen, sehen wir uns erst das Hauptgebäude an. Der Bau wirkt vierstöckig, und ist mit reich verzierten Galerien versehen. Das Grab ist jedoch nicht im vierten Stock, sondern im Keller, in einem mindestens 10 Meter hohen Saal. Hier darf man nicht fotografieren, und will auch nicht verbleiben – der dort stehende Guide überschwemmt uns ungebeten und aufdringlich mit Fakten, und stellt klar, dass hier eine Spende fällig ist – es geht doch um Blinde, Gehörlose und Kinder, es ist ja nicht für ihn. Und wieder grapscht er mich am Arm, weil ich nicht dorthin kucke, wo ich hinkucken soll. So penetrant und übergriffig habe ich es in Rajasthan nicht erlebt, Gabi hat Glück, dass sie als Frau praktisch unsichtbar ist.

Wir fliehen, und machen uns auf den Weg zum Westtor. Dort treffen wir überraschend auf Kishan – er hat das Grab wohl auch noch nicht gesehen und nimmt das als Job Benefit mit. Es ist schade, dass wir uns mit ihm kaum unterhalten können, er ist sehr zurückhaltend und spricht kaum Englisch. Trotzdem habe ich das Gefühl, wir haben eine Connection, und mittels Google Translate tauschen wir ein paar Sätze aus, während wir den Rest gemeinsam anschauen.

Das Tor ist gewaltig, und schön bemalt, und es beherbergt drei Wespenstämme, die von der Decke hängen.

Das Nordtor ist in sehr schlechtem Zustand, und das Osttor ist deutlich schlichter.

Am Hauptgebäude in den Galerien erleben wir eine tierische Schlacht: Zwei Papageien erobern ein Loch in der Mauer von einer Taube. Laut schreiend rast ein Papagei mit hoher Geschwindigkeit auf die Taube im Loch zu, und fast ungebremst prallen sie aufeinander. Die Tauber erkennt sofort, wer der Stärkere ist, und flieht. Sie probiert noch einmal ein paar Schritte auf die Höhle zu, aber da kommt Papagei Nummer 2, und die Taube trollt sich geschlagen.

Wir sind jetzt ziemlich k.o., und wollen zum Mittagsschlaf ins Hotel. Kaum losgefahren, kommen wir an einem schweren Unfall vorbei: Die Straße ist vierspurig, mit einem fast 3 Meter hohen Zaun in der Mitte. Ein Laster hat scheinbar einen Kleinwagen gerammt, und der hängt jetzt mit dem Hinterreifen oben auf den Zaunspitzen. Wie das funktioniert hat bei dem geringen Tempo, das hier gefahren wird? Wir sind ein wenig geschockt, das ist bereits der dritte Unfall, den wir sehen in weniger als drei Wochen. Hoffentlich ist den Insassen nichts Schlimmes passiert!

Zum Hotel sind es etwa 11 Kilometer, wir brauchen über eine Stunde, und trotzdem ich zwischendrin einschlafe und ansonsten versuche, mich mit YouTube abzulenken – es ist so ein hektisches Verkehrschaos, und permanent geht es um Millimeter aneinander vorbei. Zwei Mal klappt ein sich vorbei drängelndes Auto den Spiegel um, Kishan ist sichtlich genervt.

Das rote Fort ist nur einen Kilometer vom Hotel entfernt, aber weder wollen wir Kishan nochmal durch das Chaos schicken, noch trauen wir uns zu Fuß durch das Gewusel. Und so muss es reichen, dass wir es durch die Scheibe des Taxi aus gesehen haben.

Wir machen ein frühes Abendessen im Hotel und verkriechen uns ins Zimmer – von hier können wir durchs Fenster eine weitere Parade unter uns vorbei ziehen sehen, und 100 Meter weiter an der Kreuzung bauen sie für den Abend schon Lautsprecher auf. Ich kann gut schlafen, und erwache, als sie um 4 Uhr die Musik ausschalten – Dussehra ist vorbei, Normalität kehrt wieder ein. Schade!

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