Nachdem ich die ganze Nacht bei offenem Fenster (Mückengitter!) geschlafen und trotzdem geschwitzt habe, wache ich durch das Trommeln von Regentropfen auf. Glücklicherweise hört es jedoch um 9 Uhr wieder auf, aber jetzt ist erst mal lange Hose und Jacke angesagt.
Schließlich kommt jetzt Fahrtwind dazu: Airboat-Fahren steht auf dem Programm. Eine Stunde (effektive Fahrtzeit 40 Minuten) kostet bei Speedy's etwas über $40 – für Wies'n-Verhältnisse ein günstiger Spaß. Und um Spaß geht es dabei im Wesentlichen: Tiere kucken ist Nebensache und bei der Temperatur und den Lichtverhältnissen auch schwierig. Mit 50 Sachen brausen wir durch einen engen Mangroventunnel mit vielen Kurven, danach geht es ins Grasland und ein oder zwei 360er sind schon drin. Die Dame neben mir krallt sich sehr an ihren Mann, der Junge vor mir freut sich so schnitzlig wie die anderen MännerKinder an Bord.
Letztendlich haben wir mit dem 400PS-Motor auf 12,3km über 20l Benzin verbraten und einen Höllenlärm verursacht, aber das Naturschutzgebiet ist ja erst 1km weiter. 🙂 Außerdem haben wir Waschbären gesehen.
Im Vergleich zu vielen anderen Verleihern sind die Boote mit max. 6 Personen angenehm klein, bei Gatorland hatte ich auch mal nach Preisen gekuckt, die sind knappe $10 billiger, aber haben wie ich beim Vorbeifahren sehe, deutlich größere Boote (eher 15-20 Personen). Vermutlich ist es aber egal, wo man bucht, Anbieter gibt es entlang des ganzen Highways genug.
Weiter geht es: Bei der HP Williams Picnic Area sollen jede Menge Alligatoren zu sehen sein, erzählt die Dame im Everglades Visitor Center (in dem man übrigens einen $5-Coupon für Speedy's kriegt). "Auch heute bei dem Wetter?" fragt eine Besucherin. "Maybe" ist die Antwort, und obwohl ich mich eine Weile über die rough road quäle sind keine zu sehen. Es ist einfach zu kalt. Dafür jede Menge großer Vögel: Reiher, Ibisse, Kormorane, Geier, wie die Vieher alle heissen.
Mehr Glück habe ich beim Kirby Storter Boardwalk – hier ist am Ende des hübsch angelegten, allerdings aktuell schilderlosen Boardwalks eine Krokotasche zu sehen. Allerdings tatsächlich in der Größe, länger als 40cm ist der Alligator nicht. Daneben sitzt ein Bluebird geduldig regungslos auf der Lauer und als ich kurz mal nicht hinkucke – zack – hat er einen Fisch erwischt und sitzt als ich kucke, warum die anderen Oh! und Ah! rufen schon wieder regungslos genauso da wie vorher.
Auch am Big Cypress kein Gator-Glück, dafür wieder jede Menge Vögel. Denn hier gibt es Nahrung im Überfluss, Fische mit über 50 cm Länge schwimmen dicht an dicht in dem Bach, angeblich ganz von selbst ohne menschliches Dazutun. Das kann man jetzt glauben oder auch nicht.
Kaum bin ich aus den State Parks raus und im National Park angekommen reißt der Himmel auf und es ist kurze-Hosen-Zeit! Außerdem gibt es prompt Gators in der Sammelpackung: Mindestens zwei Dutzend liegen in dem 12 km langen Weg zum Shark Valley Aussichtsturm. Dorthin kommt man mit einer Tram – Vorreservierung sinnvoll – oder per Rad (kann man dort auch ausleihen). Der Turm erinnert an DDR-Bauweise, gibt aber einen wunderbaren Ausblick über den Weiher davor und das Grasland außenrum. Im Weiher sind ebenso wie im Bach, an dessen Ufer man hierher radelt auch Schildkröten zu sehen, und hier liegt auch ein etwas dickeres Alligator-Exemplar rum.
Ich verstehe jetzt, warum es praktische keine Probleme mit den Viechern gibt. Die meisten sind zwar knappe 2m lang, aber das ist inkl. Schwanz, und obwohl es sicher schmerzhaft wäre, sich auf einen Kampf mit einem Alligator einzulassen, tödlich wäre vermutlich nur die Blutvergiftung danach. Es sind halt dann doch keine (hier fast vollständig ausgerotteten) Krokodile sondern "nur" die Kleinwagen-Variante. Dennoch nicht weniger beeindruckend.
Wer sich bei diesem Bild wundert: Die ortsansässigen Indigenen haben eine seltsam vertraute Flagge.