Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Wüste, Plastik und Berge

Nördlich von Almería liegt Tabernas, ein kleiner, unbedeutender Wüstenort – aber weltbekannt. Von "Indiana Jones" über "Spiel mir das Lied vom Tod" bis zum "Schuh des Manitu" – diese und hunderte andere wurden teilweise hier gedreht. Das Ganze wird touristisch gut ausgeschlachtet, es gibt mehrere Westerndörfer. Wir fahren zu "Fort Bravo", die Straße geht über eine Piste durch ein ausgetrocknetes Flussbett.

Das ist aber eher ein Themepark und kostet 20 € Eintritt pro Nase – da wir keine Wild-West-Show und verkleidete Indianer brauchen, drehen wir wieder um. Mit kleinen Kindern ist das aber sicherlich lustig.

Auf dem Weg zum Castillo de Tabernas haben wir einen Gast auf der Windschutzscheibe – bis Tempo 50 kann er sich festhalten, faszinierend!

Das Castillo ist eine nicht renovierte Ruine und als solche den Aufstieg nicht wert, aber die Aussicht sehr wohl!

Tabernas ist wie die Altstadt von Almería im nordafrikanischen Stil gebaut, aber viel besser gepflegt. Rund um die Stadt ist es noch grün, danach wird es ziemlich wüstig – schließlich ist hier ja auch die einzige Wüste Europas.

Gerne würden wir hier ein bisschen entdecken, aber die wenigen nicht gesperrten Straßen sind 4×4-Pisten. Ein klein wenig enttäuscht fahren wir weiter, ich hätte schon gerne die Puderrosa-Ranch besucht. Vielleicht gönnen wir uns bei unserem nächsten Besuch die Offroad-Tour mit dem Jeep.

Spannend ist übrigens auch die Gegend zwischen Almería und Tabernas, die Hügel sehen aus wie Sandhäufchen am Meeresgrund, und ich vermute genau so sind sie auch entstanden.

Das Plastik-Meer

Die letzten Tage haben wir ja schon viele in Plastik gehüllte Treibhäuser gesehen, aber die 10 x 30 km messende flache Landzunge westlich von Almería schießt den Bogen ab. Bis auf ein paar kleine Streifen am Meer bei Roquetas de Mar ist wirklich alles weiss. Wahnsinn! Erst auf dem Satellitenbild (Quelle: Google Maps) ist das ganze Ausmaß erkennbar.

Warum ausgerechnet hier? Einerseits das Klima, über das ganze Jahr ist es warm und sonnig, ideale Wachstumsbedingungen. Andererseits ist der Anbau arbeitsintensiv, und aufgrund der Nähe zu Afrika bekommt man hier billige Arbeitskräfte – mehr als 100.000 Menschen arbeiten in der Region in der Landwirtschaft, überwiegend Afrikaner, viele illegal hier.

Auch 2021 hat sich nichts geändert, der weiße Plantagenbesitzer kommt mit dem teuren SUV aus der Ausfahrt, die schwarzen Arbeiter fahren bestenfalls Fahrrad. Andererseits: Die Arbeiter verdienen hier vermutlich immer noch viel mehr als zu Hause. Ich habe auch keine perfekte Lösung, aber die Situation ist beschissen!

Viele Kilometer fahren wir durch Plastiktunnel, selbst als es wieder bergig wird ist jeder verfügbare Quadratmeter genutzt, vom Strand hoch bis es zu steil wird.

Die alte Küstenstraße fahren wir nur kurz, ich will eigentlich eine andere gewundene Straße fahren.

Darum verlassen wir die Küste bei Motril und fahren nach Orgíva. Hier beginnt die Straße, die uns zu unserem nächsten Ziel führen soll: Den Siete Lagunas (sieben Seen) am Fuß des Mulhacén. Der Berg mit dem arabischen Namen ist mit 3478 m der höchste Berg Festlandspaniens. Bis über 3000 m geht die Straße zu den Seen hoch, danach geht es nochmal 200 Meter über einen Pass, und auf der anderen Seite nach Granada runter.

Frisch aufgetankt geht es hoch, auf über 1400 m Höhe halten wir in dem zauberhaften kleinen Ort Capileira – nur wenige Meter unterhalb des höchstgelegenen Ortes Spaniens (Treveléz ein Tal weiter östlich). Obwohl die Häuser ganz anders aussehen verwundert es mich, dass die Einwohner gar nicht tirolerisch sprechen – ich fühle mich wie in den Alpen.

Es geht Kehre um Kehre weiter hoch, die Straße wird zur (gut fahrbaren) Piste. Nebenan sind ab und zu Biwaks, aber auch ein bewohntes Haus auf etwa 2000 m – mit wunderschönem Garten außenrum.

Dann auf 2150 m über dem Meer die große Enttäuschung: Straße gesperrt, Sackgasse. Ich steige aus und studiere die Schilder, aber das ist natürlich sinnlos – über die Sierra Nevada geht es nur zu Fuß. Wir müssen wieder 2000 m nach unten fahren, dann in weitem Bogen außenrum um die Sierra.

Ein Glück, dass wir das Hotel in Hoya de la Mora auf der anderen Seite, nur 15 km Luftlinie entfernt, noch nicht gebucht haben. Auf der Straße sind das nämlich 120 km und über 4000 Höhenmeter.

Äußerst schade, ich hätte gerne den Sternenhimmel von 2500 Metern aus betrachtet, mit hoffentlich wenig Lichtverschmutzung. Wobei es fraglich, ob wir so viel gesehen hätten, auch hier oben hängt der Saharasand immer noch in der Luft. Vom Mulhacén kann man bei guter Sicht angeblich bis Afrika sehen, aktuell ist der Berghang gegenüber schon verschwommen.

Wir haben Glück und müssen nicht bis unten hinter dem Wohnmobil her fahren, der Fahrer ist nett und lässt uns vorbei.

Bis wir in Granada ankommen ist es bereits dunkel, und wie in Almería geht es furchtbar zu – nicht nur Autos, sondern auch jede Menge Fußgänger. Gerne hätte ich morgen nochmals Granada angeschaut, aber nach 30 min für 10 km und unklaren Regeln, welche Straßen nur für Anwohner, für Hotelgäste, für Busse und Taxis oder nur für Fußgänger zugelassen sind schickt uns Google auch noch falsch rum durch Einbahnstraßen. Ich gebe auf, wir buchen stattdessen ein Hotel im Dorf ein paar Kilometer außerhalb.

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