Miami – "Hauptstadt Lateinamerikas". Fast 90% sind nicht europäischstämmig, die größte Bevölkerungsgruppe Exil-Kubaner, doppelt so viele "Schwarze" wie "Weiße". Nur ein Drittel der Einwohner spricht zu Hause Englisch. Und: reichste Stadt der USA, fünftreichste der Welt. Sauberste Stadt der USA. Nehm das, blöde Rassisten.
Tatsächlich habe ich beim Durchfahren keine abgewrackte Gegend gesehen (was nicht heißt, dass es das nicht gibt), viel weniger Bettler als in den anderen Städten, kaum psychisch Kranke. Erstaunlich eigentlich, ich hätte erwartet, wenn es so viel Reichtum gibt, dass das erfolglose Goldsucher anzieht. Vielleicht verräumt die Polizei die aber auch nur effektiver als anderswo?
Da mich die Stadt aber nicht wirklich interessiert (sauberer, geschleckter, aber halt doch wie jede andere US-Stadt) packe ich Badesachen und fahre nach Key Biscayne. Es windet schon den ganzen Tag recht, und die gefühlte Temperatur im Wind ist einstellig. Überall das gleiche Bild: Kurze Hosen und Röcke, darüber dicke Jacke. Oft mit Wollmütze. Der Wetterbericht gibt für Südflorida eine "Freeze Warning" für die kommende Nacht aus. Nicht das, was ich erwartet hatte. So sind denn die Strände leer, und selbst wenn ich mich überwunden hätte, dennoch in das recht warme Meer zu steigen, der Wind bläst einen Sandstrahl über den Strand und das ist unangenehmer als die Temperatur.
So fahre ich einfach Zickzack über die Insel und versuche ein bisschen Sightseeing zu machen. Doch obwohl es zwischen den Hochhäusern fast heimisch nach Neuperlach mit Palmen aussieht: Überall sind Mauern und Häuschen mit "Du-kummsch-hier-ned-nei"-Wachen. Ein Polizeiwagen folgt mir 5 Minuten lang, weil ich wohl verdächtig bin. Zurück auf der Hauptstraße (auf der fast so viele Golfwagerl wie Autos unterwegs sind) gibt es alles was das Herz reicher Ehefrauen erfreut: Schicke Italiener (Pizza Margherita ab $15), Weinhandlungen, eine Metzger-Boulangerie, einen Beauty Salon, und wenn der Spachtel nicht mehr reicht auch die Beautyklinik.
Wem es trotz Wachpersonal noch nicht abgeschieden genug ist, sich aber keine Insel leisten kann, der baut auf Sandbank südlich der Insel weit draußen einfach ein Haus auf Stelzen, erreichbar nur per Boot. Coole Sache, aber bei einem Hurricane möchte ich da eher nicht sein.
Der Wind erreicht langsam Sturmstärke und es wird nicht nur anstrengend dagegen anzufahren, sondern auch gefährlich. Gut, dass ich Bescheid weiß und Abstand von den Palmen halte – wäre ich auf dem Weg gefahren und nicht einen Bogen durch das Gras hätte mich die Kokosnuss voll erwischt. Trotz Helm vermutlich eher unangenehm. Einem Palmwedel kann ich allerdings nicht ausweichen, er erwischt mich hinten von der Seite ohne Voranmeldung, ist aber glücklicherweise nicht schwer.
Für die kommenden Tage ist Wetterbesserung angesagt, vielleicht komme ich auf dem Keys dann doch endlich mal zum Schnorcheln?