Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Der Gurugú-Hügel

Endlich Wochenende! Der Arbeitsstress der vergangenen Woche will in gelaufene Kilometer konvertiert werden. Doch mein Enthusiasmus zerbröselt beim Blick aus dem Fenster: Es ist kalt und grau, und Regen ist in Sicht. Ich tüdele vor mich hin und prokrastiniere, aber schließlich reiße ich mich doch zusammen und fahre zwei Dörfer weiter nach Las Matas. Von hier geht es erst ein Stück durch den Ort, aber rasch bin ich weg von der Straße und es geht über mal breite, aber meist eher wilde Pfade.

An einigen Stellen muss man konzentriert aufpassen, es ist glitschig und matschig, aber meist kommt man gut vorwärts.

Die erste Stunde geht es leicht bergab, um dann kurz und steil wieder aus dem Tal hochzuklettern. Hier steht ein Traumhaus mit Traumpanorama (leicht renovierungsbedürftig).

Am nächsten Hügel, dem mit dem lustigen Namen Gurugú, steht ein etwas größeres, schniekes Häuschen. Vor 102 Jahren vom damaligen spanischen Regierungschef gebaut, steht hier der Palacio Panarras – inzwischen unbewohnt und von der Nähe betrachtet ebenfalls mit leichten Gebrauchsspuren.

Der originale Gurugú ist übrigens ein Vulkan neben der spanischen Enklave Melilla in Marokko.

Um zu dem Palacio zu kommen, muss ich aber erst mal ins Tal herunter, dort geht es in Windungen erst das Tal weit nach oben, über den Bach, und 30 Meter entfernt wieder zurück.

Auf dem Weg gibt es Essbares in Hülle und Fülle:

Während ich bei den Pilzen skeptisch bin, bücke ich mich immer wieder nach einer Eichel, und schäle und futtere genüsslich.

Kurz bevor ich aus dem paradiesischen Wandergebiet in die Ausläufer von Las Rozas komme, drehe ich um, den steilen Weg hoch auf den Gurugú.

Noch ein paar Schritte über die Zunge stolpern, und ich bin 200 Meter über der Ebene, mit einem tollen Blick.

Jetzt wird es flacher, und bald bin ich auf einer kleinen Straße zu den Villen hier oben – die meisten davon sind allerdings unbewohnt.

Es geht jetzt am Weg entlang nach Torrelodones, und so langsam wird es immer dunkler – wäre ich mal früher losgegangen…

Aber gut, jetzt muss ich ja nur noch auf Straßen von Torrelodones nach Las Matas zurück. Doch der Ersteller der Komoot-Route kennt sich aus: Die Strecke umgeht, wo immer möglich, befestigte Wege und bewohnte Zonen, und so biege ich kurz vor dem Ort auf einen kleinen Trampelpfad ab.

Über Felsen und hoch und runter geht es unter dem Ort zum Wahrzeichen des Ortes, dem Torre de los Lodones – oder auch Atalaya de Torrelodones. Der maurische Wachturm wurde vor etwa 1000 Jahren erbaut, wurde 1979 bei einem Sprengstoffanschlag zerstört und vier Jahre später als Wahrzeichen wiederaufgebaut.

Ich bin hier schon oft vorbeigefahren, die A6 von Madrid zu den Bergen geht direkt hier vorbei, und ich muss jetzt hier runter und unter der Autobahn durch.

Jetzt bin ich im Ortszentrum des Dorfes, 5 km sind es jetzt noch zurück zum Auto, und ich erwarte jetzt unter Straßenlaternen zu gehen.

Weit gefehlt: Nach ein paar hundert Metern geht es raus aus dem Ort, herab in ein Tal, und auf kleinen Wegen durch das Gebüsch. Es ist stockdunkel, aber ich habe ja eine Taschenlampe am Handy.

Es zieht sich, geht langsam vorwärts. Der Pfad ist wieder sehr feucht und schlammig, und ich muss zweimal einen anderen Weg suchen, weil die Bäche ausnahmsweise Wasser führen und nicht passierbar sind. Über eine Stunde brauche ich für die 3 Kilometer nach Las Matas, und jetzt geht es aber wirklich durch den Ort unter Laternen.

Nach exakt 5 Stunden komme ich am Beginn meiner Route an, und kehre erst mal im Van Gogh Café ein. 17,5 Kilometer, 500 Höhenmeter, das war ein gutes Streckchen – und wie so oft, wenn man eigentlich gar nicht loswill, war es ein totaler Erfolg.

Schon lange habe ich keine so tolle Wanderung mehr gemacht, hervorragend geplant von wer auch immer das auf Komoot gestellt hat.

Jetzt tut mir alles weh, und als Belohnung für die Anstrengung darf ich jetzt meine Frau vom Flughafen abholen – noch besser kann der Tag gar nicht werden!

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2024 Unterwegs

Thema von Anders Norén