Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Mit Schiffen radeln – Teil 6 – Viele Burgen und ein Geysir

Nach einer unruhigen Nacht führt mich mein erster Weg am Morgen zur Apotheke. Meine Gelenke schmerzen, so dass ich kaum eine vernünftige Schlafposition gefunden habe. Außerdem hat das Zimmer nur ein winziges Fenster, es ist brütend heiss, und den Trick vom Wochenende (nasses Handtuch auf die Beine legen um abzukühlen) traue ich mich nicht wegen der ohnehin schon schmerzenden Knie.

Es geht weiter durch das enge Tal, die Bewölkung ist am Morgen noch dicht und geschlossen, im Laufe des Tages kommt aber immer öfter die Sonne raus. Inzwischen fahre ich wirklich mit den Schiffen, es ist ein reger Verkehr in beide Richtungen.

Das Ibuprofen wirkt ziemlich schnell, und so geht es schmerzfrei weiter, aber die Kraft will nicht kommen. Mittags erreiche ich den Loreley-Felsen, und bin mächtig enttäuscht! Wenn es nicht dick drauf geschrieben wäre, dann hätte ich den Felsen nicht mal genauer betrachtet.

Der Loreley-Felsen

Kurz darauf ist Mittagspause auf einer Parkbank angesagt, und ich mache ein halbstündiges, nur mässig entspannendes Nickerchen. Den ganzen Tag geht es von Burg zu Burg, hier gibt es mehr Burgen als im Eisack-Tal am Brenner!

Die Orte sind schön und einladend, vor allem alte Fachwerkhäuser haben schon einen besonderen Charme.

Am frühen Nachmittag erreiche ich Koblenz, einen weiteren Meilenstein: Hier vereinigt sich der Rhein mit der Mosel, und am Zusammenfluss muss natürlich ein dickes Denkmal stehen. Auch dieses mit Reiterstatue von Wilhelm I. erinnert wie das Niederwalddenkmal gestern an die Gründung des deutschen Reiches. Ein paar Kilometer davor steht auch ein Denkmal für seine Frau Augusta.

Von hier führt eine Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein am anderen Flussufer, ich bleibe jedoch linksrheinisch und rolle nach Andernach weiter, nicht ohne auf dem Weg noch ein weiteres Kernkraftwerk im Abriss mitzunehmen.

In Andernach gibt es einen Kaltwasser-Geysir, und ich schwanke zwischen Ehrgeiz (erst 65km) und Neugierde. Die Neugier gewinnt, ich buche eine Schifffahrt zum Geysir mit Museumsbesuch sowie die äußerst günstige Pension am anderen Flussufer.

Das Museum erklärt, wie der Geysir entsteht (CO2 treibt das Wasser wie in einer geschüttelten Sektflasche hoch). Im Gegensatz zu Heisswassergeysiren entstehen solche Wassersprüher künstlich, wenn man einen Brunnen in die kohlendioxidreiche Schicht bohrt. Alle zwei Stunden soll es hier etwa 40m, manchmal sogar 60m hoch sprühen.

Ob die 40 Meter von einem Mann gemessen wurden, der seine 20cm als Vergleich gewählt hat, kann ich nicht sagen; aber ich hätte maximal 15-20 Meter geschätzt. Trotzdem ist es ein beeindruckendes Ereignis, und ich glaube, ich habe ein paar ganz ansehnliche Bilder mitgenommen.

Ein SloMo-Video gibt es auch:

Nach dem etwa 10-minütigen Ereignis geht es zurück, und ich kann auf der rechtsrheinischen Seite aussteigen. Inzwischen haben sich die meisten Wolken verzogen, und weil ich offensichtlich ein kaltblütiges Wesen bin, erwacht mein Metabolismus erst jetzt in der Sonne wieder richtig. Es ist zwar schon fast Sieben, als ich mein Zeugs in die Pension gebracht habe, aber jetzt kommt der Ehrgeiz wieder. Vom Gepäckballast befreit beschließe ich den Oelsberg, der hier das Ufer bildet, noch zu umrunden.

Blick vom Oelsberg ins Hinterland

Das artet in ein zweistündiges Kardiotraining aus, denn ohne Anker und mit frischem Elan geht es geschwind die Steigungen hoch und runter. Es tut gut, mal wieder was anderes als Flusstal zu sehen, und Tante Google beweisst, dass sie inzwischen alle Schleichwege kennt. An einer Stelle werde ich in einen Waldweg gelockt, den man als solchen kaum erkennt, und es geht sehr steil und rau 150 Höhenmeter runter. Bin ich froh, dass ich kein Gepäck dabei habe!

Das soll ein Radweg sein? Hinter dem schwarzen Loch geht es steil bergab!

Durch kleine Täler mit vielen bunten Blumen geht es um den Berg, und es macht richtig Spaß!

Einzig der letzte Aufstieg ist zu viel: 200 Höhenmeter mit 18% Steigung, dafür ist mein Rad nicht ausgelegt, die zweite Hälfte muss ich schieben und die Augen flimmern vor Anstrengung. Dafür geht es auf der anderen Seite eine gute Strasse bergab, und ich rolle über 3km mit 50km/h bergab.

So steil, sogar das Schild hängt schief!

Mit dem Sonnenuntergang komme ich zurück in den Ort und bin stolz auf mich, nochmal fast 50km geschafft und somit nach dem müden Start heute früh doch über 110km und vor allem wieder ein zufriedenes Grinsen in mein Gesicht geschrieben.

Rauchsäule im Sonnenuntergang

Da hat sich der dicke Mann den Grappa beim Italiener verdient! Und vor lauter Stolz und neu gewonnener Energie jogge ich den Kilometer von Italiener zur Pension leicht beschwippst zurück.

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