Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Los Caminantes (Tag 1)

Gestern ist Besuch aus Deutschland eingeflogen, und ich quäle ihn: Kaum ist er im Urlaub, muss er um 5:30 schon aus dem Haus! In Atocha steigen wir in den Iryo (italienische Hochgeschwindigkeitszüge) und düsen gen Süden. Für 35 € pro Nase sitzen wir in der 1. Klasse auf breiten und bequemen Ledersesseln und frühstücken Jamón, Käse und Tomatenbrot.

In Sevilla werden wir von meinen Eltern erwartet, die für unsere Wanderung netterweise den Begleitservice anbieten. Im kleinen roten Flitzer geht es über die Autobahn nach Cádiz, und wir haben viel Glück: Die Bauern rechnen nicht damit, dass so früh schon jemand unterwegs ist, und sammeln sich noch. Wir stehen sie neben der Straße stehen, und am Abend werden wir in den Nachrichten hören, dass sie hinter uns die Autobahn blockiert haben.

Um 11 Uhr sind wir bereits nach 600 km Fahrt am Meer!

Hier verabschieden wir uns vorerst schon wieder von meinen Eltern, jetzt geht es auf Schusters Rappen weiter – schließlich sind wir "Los Caminantes" (Die Wanderer). Unser Plan ist es, an der Küste entlang von hier nach Gibraltar zu laufen. Es ist nicht realistisch, dass wir das schaffen, in 8 Tagen fast 200 km traue ich uns nicht zu, aber der Weg ist das Ziel!

Es geht ziemlich zu, denn es ist Fasching Karneval in Cádiz.

Überall sind Jecken unterwegs, und ein paar haben sich wirklich Mühe gegeben. Die Innenstadt ist flugs gequert, und nun geht es am Meer entlang, vom Wind vorwärts geschoben.

Ein kleiner Stadtteilumzug zieht an uns vorbei, und dann rennen wir erst einmal in die nächste Bar: Es regnet kurz, aber heftig, und ich stelle fest, dass eine Regenjacke ganz praktisch gewesen wäre.

Schnell ist der Schauer aber wieder vorbei, und schon verlassen wir die Stadt. Es geht auf die nur zwei Dutzend Meter breite Landenge, die Cádiz mit dem Festland verbindet, und bald wechseln wir auf den Strand. Dort sind wir ziemlich einsam, selbst mit weitem Zoom sieht das nicht nach Menschenmenge aus. Den schlimmsten Regen haben wir aber (hoffentlich) verpasst, letzte Woche kam es heftig runter, und man sieht immer wieder kleine Überschwemmungen.

Am Ende des Nudistenstrandes (an dem komischerweise bei 15 Grad und Nieselregen niemand liegt) geht es auf den Holzbohlenweg, und dann müssen wir über eine Straßenbrücke ohne Gehweg, um zum Mittagessen zu kommen. Dort wartet schon der Begleittrupp auf uns!

Nach dem leckeren Mahl machen wir einen kurzen Hüpfer mit dem Auto nach San Fernando, denn der Weg dorthin wäre am Straßenrand gegangen. Der Himmel ist inzwischen aufgeklart, und nun macht es noch mehr Spaß, jetzt geht es über die Marismas (Marschlandschaft). Wir treffen auf den Eurovelo 8 (Radfernweg) und den Sendero Europeo Arco Atlántico (Fernwanderweg). Inmitten von Sielen geht es über gute Wege und über ein paar Brücken durch die Marsch, und kurz nach dem komischen Sumpfgott kommt uns die Begleittruppe entgegen.

Trotz der kurzen Nacht und des teilweise feuchten Wetters haben wir heute knapp über 20 km geschafft, ich bin erfreut! Die Hotelsuche gestaltet sich etwas kompliziert, wegen des Karnevals ist alles teuer und vieles ausgebucht, und so müssen wir bis Conil de la Frontera fahren.

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