Nachdem ich mir den Schlaf aus den Augen gerieben habe, geht es erst mal ins nächste größere Dorf (Barco de Ávila). Der Wind hat gedreht, der Rauch des Waldbrandes zieht jetzt nach Westen ins Tal. Zum Frühstück gibt es Tapas (ohne den sonst dazu gereichten Alkohol), so beginnt der Tag schon richtig lecker.
Das Dorf ist hübsch, es gibt eine kleine Burg und eine romanische Brücke. Ich weiß jetzt, dass „puente románico“ nicht römische Brücke heißt (das wäre „puente romano“). Und somit ist auch die Frage geklärt, wie es sein kann, dass eine Brücke aus dem 14. Jhdt. römisch wäre. Im Ort ist für Sonntagmorgen auffallend viel Gewusel. Ich behaupte, dass es sich hierbei hauptsächlich um Touristen handeln muss. Spanier vor 12 Uhr am Sonntag erscheint mir schon eine unrealistische Behauptung! Wobei, vielleicht ist der Tagesablauf hier auch ein anderer als in Madrid. Dort ist es üblich erst spät abends zu essen, oft nach 10 Uhr, und viele Leute gehen weit nach Mitternacht ins Bett. Der Tag beginnt aber wie in Deutschland, um 9 Uhr ist für die Meisten Arbeitsbeginn. Somit muss am Wochenende immer viel Schlaf nachgeholt werden. Ich kann (will?) mich da nicht daran gewöhnen, ich glaube, dass muss man von Kind auf kennen, damit das funktioniert.
Die Straße steigt wieder an, und bei Tornavacas beginnt dann das Jerte-Tal (Valle del Jerte). Auch hier liegt ordentlich Rauch in der Luft.
Wir wollen auf der linken Seite in den Höllenschlund (Garganta de los infiernos) wandern, und Google sagt, man kann alternativ zur gut ausgebauten N-110 auch die Straße weiter links nehmen, am Hang entlang. Eine ausgezeichnete Wahl für „Reifinger Adventure Tours“. Mit kaum über Schrittgeschwindigkeit geht es auf der winzigen Piste um enge Kurven, teilweise sogar asphaltiert!
Irgendwo ist dann endlich mal eine breitere Stelle, an der wir parken können und zu Fuß weiter. Es geht immer wieder an kleinen und kleinsten Obstplantagen entlang, und fast immer im Schatten, so ist der Weg auch bei etwa 35 Grad erträglich. Nach etwas über 3 Kilometern kommen wir (viel zu früh) am Ziel an: Los Pilones ist ein Stück Bach mit kleinen Becken, die wunderbar zum Baden einladen. Nach etwas abenteuerlichem und wenig elegantem Balancieren über die sandigen und rutschigen Felsen schaffen wir es ins erfrischende Nass. Leider sind wir vernünftig und bleiben nur 15 Minuten in der prallen Sonne, es würde zu längerem Aufenthalt einladen.
Mit nassen Füssen ist es noch rutschiger, und prompt rutscht Gabi aus und prellt sich die Zehen. Somit wird der Rückweg mit blauem Zehen ein wenig schmerzhaft.
Auch auf dem Weg zur N-110 ist es noch sehr eng, ganz vorsichtig kurve ich durch den kleinen Ort Jerte. Würden wir nicht gerade von den Pilones kommen, wir hielten hier direkt wieder an: Es gibt hier und in den kommenden Orten immer wieder „piscinas naturales“ – kurze Stücke Naturfreibad im Bach. Sehr anziehend und gut besucht!
Zum Mittagessen kehren wir in ein zufällig ausgesuchtes Restaurant an der Landstrasse ein, und ich bestelle eine lokale Spezialität: „Caldereta extremeña“. Keine Ahnung, was das ist, ich bestelle das einfach mal. Es kommt ein Teller mit in Sauce schwimmender Pommes und gekochtem Schweinefleisch, noch am in kleine Stücke gehackten Knochen hängend und ziemlich fettig. Wenn man das googelt, sieht es gar nicht so schlimm aus, aber es ist alles andere als ein Genuss. Am Ende war es nur teuer, und wir müssen eine Stunde später einen Nothalt machen, an dem ich das Essen auch gleich wieder loswerde – das lag wohl schon länger herum, das Restefleisch.
Die Suche nach einem Hotel ist auch enttäuschend, die Preise haben dermaßen angezogen – unter 100 € pro Nacht ist kaum etwas zu finden, was über Jugendherbergsniveau liegt. Wir einigen uns auf ein nettes Hotel in Trujillo, was bedeutet, dass wir nicht leider noch deutlich mehr Auto fahren müssen heute. Es geht durch den Monfragüe-Park am Geierfelsen vorbei.
Hier sieht man auch, warum es dieses Jahr so viel brennt in den Wäldern: Es hat viel zu wenig geregnet im letzten Winter, und wie uns schon im März aufgefallen ist: Die Stauseen sind leer. So leer wie seit 60 Jahren nicht mehr, und die Sommerhitze hat 4 Wochen früher als üblich begonnen. In manchen Orten auf dem Land kommt inzwischen das Wasser per Laster. Und immer noch wird der Klimawandel nicht als dringendes Problem gesehen, sondern über Gendern gestritten.
Das Hotel in Trujillo ist dann richtig schön, und die Bar gegenüber sehr einladend. Mit flauem Magen der Eine und schmerzenden Zehen die Andere genießen wir den Abend und beobachten die Menschen um uns herum.