Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Jaisalmer

Auf der Rückfahrt vom Desert Valley in die Stadt sehen wir nochmal eindrücklich die Armut in der Gegend. Gestern haben wir ein Feldbett mit Plastikplane darüber als Behausung gesehen, glücklicherweise haben die meisten Menschen wenigstens feste Wände. Aber es gibt natürlich auch die Snobs mit dem Family Van – oder wie heißt das, wenn 5 Personen auf einem Fahrzeug sitzen (Die Frau in Gelb hatte noch ein Baby im Arm).

Wir lassen uns am Gadisar Lake absetzen, und der Job unseres Fahrers tagsüber ist ausschließlich auf unsere Sachen aufzupassen. Im See sind mehrere Pagoden, die nur per Boot zu erreichen sind, und es sind schon ein paar Boote unterwegs. Es gibt auch ein paar Ghats – das sind diese Treppen zum Wasser. Und natürlich einen Tempel.

Hinter uns ist ein kleiner Markt mit der bekannten Kamel-Skulptur.

Ich bin zu alt für Instagram, darum nutze ich die Selfie-Apparatur nicht. Ich kann das nicht bedienen…

Leider ist der Ort nicht nur arm, sondern auch sehr vermüllt, und die im Ort lebenden Tiere essen, was da ist. Plastik, Karton – es ist zum Heulen, wenn man das sieht.

Wir kommen zur Feste, und fühlen uns wie im Spießrutenlauf. Auf dem Weg nach oben müssen wir nicht nur durch die drei Tore, sondern auch an ungefähr 4 Dutzend Händlern, oder auch einfach nur interessierten Menschen vorbei, die alle mit uns sprechen wollen. Die Händler penetrant, und ein "Nei-nei!" ignorierend, die Anderen sehr freundlich und einfach nur interessiert an uns – das ist ja schön, und ich freue mich über das (ernsthafte!) Interesse an uns, aber wir wollen ja eigentlich nur die Architektur bewundern im Moment. Ich fühle mich wie ein Promi – aber die werden dafür wenigstens gut bezahlt!

Nach dem dritten Tor stehen ein paar sehr schöne Häuser. aber im Wesentlichen ist die Armut auch innerhalb der Festung groß.

Die Händler sind hier nochmal deutlich penetranter, und bis wir zum ersten Aussichtspunkt kommen, sind wir schon gut genervt. Wir biegen in ein Café ab, um einen kleinen Moment Ruhe zu haben, und sitzen in einem nett eingerichteten Raum auf dem Balkon auf dem Boden.

Man hat eine schöne Aussicht über die Stadt, und man sieht, dass die indische Regierung voll auf Wind und Solar setzt. Wind haben wir gestern vor dem Ort jede Menge gesehen, und hier im Ort sind auf vielen Dächern Solarzellen.

Rund um diese Kanone standen die meiste Zeit jede Menge Leute, dicht gedrängelt auf der Mauer ohne Sicherung und mit mindestens 10 Metern freiem Fall nach unten. Nach einem leckeren Lassi und mit wieder gesenktem Puls laufen wir auch rüber zu der Kanone – der Balkon war der bessere Platz für die Aussicht!

Wir laufen immer mit der linken Seite zur Mauer durch das Strassengewirr, am nächsten Aussichtspunkt ist es so voller Müll, dass ich die Kamera nicht mal anfasse. Kurz darauf ist ein Jain-Tempel, den wir besichtigen. Besonders die vielen Figuren an den Wänden sind sehenswert, und auch indische Männer scheinen Frauen mit Rundungen an den richtigen Stellen zu mögen – verblüffend, wer hätte das gedacht!

Als Zuckerl sehen wir ein Kissen in einer bekannt wirkenden Farbkombination, und auf einem der Figürchen küsst sich ein Paar tatsächlich – das ist hier in der Öffentlichkeit normalerweise ziemlich verpönt.

Wir essen in einer Rooftop-Bar mit fantastischer Aussicht, man blickt auf das Cricketfeld und auf die Ausläufer des Air Force-Flughafens. Den ganzen Vormittag sind Kampfjets über die Stadt gedonnert, aber in den engen Gassen sieht man sie nicht. Jetzt hätte ich sie perfekt vor der Linse, aber auch so ein Jet braucht Mittagessen und Siesta.

Und schließlich sehen wir nochmal so eine Monster-Heuschrecke.

Und die Haupt-Touri-Zeit scheint jetzt vorbei zu sein, endlich kann man ohne permanente Ansprache rumlaufen. Wir kommen auf angenehme Weise mit ein paar Leuten ins Gespräch, und sind erfreut, dass in diesem Teil des Forts ein paar Fraueninitiativen aktiv sind. Weibliche Ladenbesitzerinnen, die mit Frauen in der Umgebung lokale Produkte herstellen, und sich für mehr Rechte für Frauen einsetzen. Normalerweise will ich mich ja nicht in fremde Gebräuche einmischen, und bin der Meinung, dass jede Gesellschaft ihren eigenen Weg finden muss. Aber heute freue ich mich so über diese selbstbewusste Frau und den Mann, der stolz daneben steht, dass wir zwar nichts kaufen, aber trotzdem ein paar Euro da lassen, mehr als moralische denn als finanzielle Unterstützung. Ein paar Läden weiter finden wir dann auch ein schönes Geburtstagsgeschenk für Hirdesh – bei einer weiteren sehr sympathischen, starken Frau.

Wir landen wieder am Tor, und der Spießrutenlauf geht wieder los. Zügig gehen wir nach draußen, und umrunden die Festung von außen. Besonders von außen wirkt sie eindrücklich.

Wir wandern noch kreuz- und quer ein paar Kilometer durch die Viertel in der Hoffnung, einen lokalen Markt zu finden, aber finden stattdessen nur hupende Mopeds.

Schließlich setzen wir uns recht früh in eine weitere Rooftop-Bar, und ich werde mutig bei der Essensauswahl. Nein, ich esse kein Tauben-Barbecue, sondern einen Salat. Das steht überall: In Indien nie offenes Wasser, Eiswürfel oder Salat! Alles drei habe ich nun gemacht, und ich hoffe, dass es mich nicht ausgerechnet auf der 12-stündigen Zugfahrt zurück nach Jaipur erwischt!

Oben am Hügelchen ist ein Tempel, dort sind einige Leute zur Aussicht, unter uns ist ein Straßenfest mit Boxen, die deutlich über Nennwert betrieben werden und furchtbar jaulen – wir freuen uns, dass immer wieder der Strom ausfällt. Die Aussicht und der leichte Wind machen es hier sehr angenehm, und so sitzen wir mehrere Stunden hier und genießen es, bis wir unseren Fahrer anrufen, dass er uns bitte zum Bahnhof fährt. Die Fahrt wird lang, aber die meiste Zeit können wir hoffentlich schlafen!

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