Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Solar und fossil

Gestern Abend ist mein Bruder mitsamt Familie zu uns gestoßen, und heute geht es Richtung Südwesten zum Geburtstagsgeschenk für meinen Vater. Wir wollen uns nach dem Stadtverkehrschaos zum Picknick treffen, und entscheiden uns spontan für einen Platz an einem kleinen Fluss westlich von Sevilla.

Beim späteren Ankucken auf Maps entdecke ich, dass wir nur 100m hinter dem Picknickplatz wohl noch einen schönen Park vorgefunden hätten. Aber wir sind etwas abgelenkt: Endlich sind wir mal wieder in dieser Konstellation alle zusammen! Außerdem diskutieren wir, was wohl diese komischen Türme sind, die wir oben vom Flussufer aus gesehen haben. Wie Kirchtürme, nur viel zu groß, um mitten im Nichts zu stehen.

Als wir weiter fahren, wird es dann klar: Wir fahren an 3% der weltweit installierten CSP-Kraftwerke vorbei! CSP steht für „concentrated solar power“, hier werden 250 MW Leistung in Strom umgewandelt.

Fünf Blöcke stehen hier, drei am Boden, mit parabolförmigen Spiegeln, sowie 2 Power Towers. Die am Boden sind kaum zu sehen:

Spektakulärer sind die beiden Türme. Rund um die Türme stehen bewegliche Spiegel, die das Sonnenlicht auf die Spitze des Turms konzentrieren. Dort wird dann flüssiges Salz auf weit über 1000 Grad erhitzt, und kann auch die ganze Nacht hindurch noch herkömmliche Wasser-Turbinen antreiben.

Aktuell scheint die Anlage nicht auf Volllast zu laufen, viele Spiegel sind nicht auf den Turm gerichtet.

Spanien ist mit knapp einem Drittel der weltweit installierten Produktion Spitzenreiter in diesem Business, und will bis Ende des Jahrzehnts seine Produktion verdreifachen. Sieben oder acht Gigawatt sollen dann produziert werden, deutlich mehr, als das aktuell leider oft zitierte größte AKW Europas in Saporischschja generiert. Und aufgrund der Speicherfunktion im heißen Salz ist das eine stabile Stromquelle ohne Lastschwankungen bei Windstille oder Wolkendurchzug – so sieht Zukunft aus!

Von der Zukunft geht es aber nun in die fossile Vergangenheit: An der Rennstrecke Monteblanco steigen wir in zwei Ferraris und einen Lamborghini, um zwei Runden über den Asphalt zu brausen.

Viel zu schnell ist das Motorgeheule schon vorbei, aber das Grinsen bleibt danach noch eine Zeit im Gesicht meines Vaters.

Eine Alternative zu den italienischen PS-Monstern wäre ein Formel-3-Auto gewesen. Vorteil hier: kein ängstlich um das teure Auto besorgter Beifahrer.

Jetzt sind wir schon so nah am Meer, das können wir kaum auslassen. Statt nach Huelva fahren wir direkt nach Süden nach Matalascañas – ein lustiger Name, der sich mit „Tötet das Schilf“ übersetzen lässt. Tatsächlich lässt sich Mata laut Wikipedia aber auch als „mit Bäumen gleicher Art bewaldetes Gebiet“ übersetzen. Ich übersetze für mich noch mal anders: „Una caña de cerveza“ ist ein Glas Bier, also ist der Name des Orts in meinen Ohren einfach ein Trinkspruch. Das passt, hier geht es über Kilometer am Sandstrand entlang, und es gibt die ein oder andere Möglichkeit ein Kaltgetränk zu bestellen.

Es ist nicht mehr sonderlich sommerlich, aber dennoch finden sich noch Badegäste. Nicht so viele, wie es Möwen gibt, aber nach einem „Küss mich an diesem Strand“ glüht ein junges Pärchen und rennt vergnügt und offensichtlich über beide Ohren verliebt ins Wasser.

Wir kühlen nur die Füße, und füllen dann die leeren Mägen.

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