Wir wollten schon lange mal den AVE der spanischen Eisenbahngesellschaft "Renfe" ausprobieren. Eigentlich sollte das schon vor ein paar Wochen passieren, aber aus Gründen eben erst jetzt und nur zu zweit. Die Preise haben deutlich angezogen (auf sehr niedrigem Niveau), und auf das Hotel in Valencia ist ganz schön teuer. Ein Arbeitskollege, dem ich das erzähle, kuckt mich an, als hätte ich mich beschwert, dass Ende September in München die Hotels so teuer sind. Es sind "Las Fallas" (valencianisch: Falles) – ein traditionelles Fest in der Stadt, in der jeder Stadtteil riesige bunte Figuren aufbaut, die dann nächstes Wochenende in einer Riesenparty verbrannt werden. Zusätzlich wird geböllert, was das Zeug hält! Was für ein schöner Zufall.
Es schadet auch gar nicht aus Madrid raus zu kommen. Während der Winter relativ warm und sonnig war, ist der Frühling anders als in Deutschland eher die letzte Durststrecke vor dem Sommer. Es ist grau und auch wenn es noch März ist, passt das Sprichwort schon: "En Avril, lluve mil!" (Im April regnet es tausendfach). Dringend nötig, denn die Wasserspeicher sind extrem leer. Aber eben grau und nass, und darum tut es gar nicht weh am Samstag früh aufzustehen und die S-Bahn zum Bahnhof Atocha zu nehmen.
Vermutlich getriggert durch die Bombenattentate 2004, ist das Einsteigen in den Zug mit Security-Kontrolle abgesperrt. Aber das ist reine Show, so wie in der U-Bahn in Shanghai. Wenn die eine Bombe fänden, muss der Attentäter ziemlich doof sein. Was auch anders ist als in Deutschland: Man darf erst aufs Gleis, wenn der Zug da steht, und es wird vorher der Fahrschein gescannt.
Wir haben gehobene Komfortklasse gewählt ("Elige Confort") – für so eine weite Reise will man ja gemütlich sitzen! Das sieht dann so aus:
Es geht erst betulich los, aber sobald wir aus der Stadt sind, beschleunigt der Zug auf 300 km/h und erreicht bereits nach 1:36h und 388km Valencia. Lustig: Ich bin mir unklar, woran es liegt, aber durch die Scheiben sieht draußen alles winzig aus. Liegt das an der Geschwindigkeit, oder sind die Scheiben so geschliffen? Bis kurz nach Cuenca geht es bergauf, wir sind dann auf 1200m über dem Meer, danach gleiten wir herab bis auf 0. Gleiten ist das richtige Wort, es ruckelt und wackelt nichts.
Wenn ich das mit meinen knapp 50 Fahrten nach Hamburg vergleiche: fast doppelt so schnell, mehr Platz, ohne Geruckel, gutes Internet (!), und selbst jetzt (mit Wies'n-Preisen) zahlen wir hin und zurück in der ersten Klasse 110€. Kurzer Check: Bei der Bahn kostet dieselbe Strecke (München-Frankfurt) 140€ (einfach!) und dauert über 3 Stunden. Wenn mehr Deutsche mal in Spanien Bahn fahren würden, dann würden die Dobrindts und Scheuers am nächsten Baum aufgeknüpft.
In Valencia angekommen ist nicht zu überhören, dass Party ist: Obwohl es erst kurz nach 11 ist, böllert es lautstark überall. Unser Hotel hat noch zu, also frühstücken wir erst einmal in der Bar davor. Als wir die Koffer abgeladen haben, gehen wir die paar Meter zum Rathausplatz, dort soll um 14:00 ein städtisches Feuerwerk sein. Auf dem Weg sehen wir schon die ersten Figuren, die dieses Wochenende aufgebaut werden, und dann nächstes Wochenende verbrannt. Eigentlich echt schade drum, die sind sehr detailreich gestaltet und kosten teilweise über 100.000€ in der Herstellung!
Wir sind nicht die Einzigen, die das Feuerwerk sehen wollen, dicht an dicht stehen die Menschen, die Meisten werden gar nichts sehen davon, aber tatsächlich gibt es dann auch nicht viel zu sehen: Die Böller machen nur Rauch und Lärm, bunte Farben wie bei einem Silvester-Feuerwerk gibt es nicht. Dafür erwischt Gabi den Zeremonienmeister in seinem lustigen Kostüm mit den Kniestrümpfen!
Das Zeitraffer-Video ist ein wenig wackelig, weil "handgemacht" ohne Stativ, mit dem Handy:
Danach spazieren wir ein wenig durch die Altstadt, und sehen tolle Bäume und weitere tolle Figuren:
Als uns das Geböller in der Menge ein wenig unheimlich wird, setzen wir uns schließlich in den Bus zum Meer. Ein 250m breiter Sandstrand trennt die Strandpromenade vom Meer, und obwohl es nur um die 20 Grad hat sind tatsächlich Leute im Meer. Eine Frau sogar ohne Neopren – harte Kerle sind nun mal meistens weiblich!
Wir spazieren in dem erstaunlich einfachen, aber sehr gemütlichen und liebenswürdigem Viertel direkt am Meer noch eine Weile, und dann nach einer weiteren Busfahrt noch mal in der Innenstadt, weitere Figuren kucken.
Eine kurze Pause im Hotel, dann wird das Stativ gepackt, und es geht wieder raus. Bei Nacht sieht das alles noch viel schöner aus, und die ganze Stadt ist auf der Straße – es ist ein Gewusel und Gedränge, und immer wieder knallt ein Böller direkt mittendrin!
Wir spazieren durch den Park Richtung "Ciutat de les Arts i les Ciències", auch im Park sind die Kids natürlich bewaffnet und unvorsichtig.
Hier setzen wir uns in die fast menschenleere Bar des "Palau de les arts" und genießen die schöne Aussicht und die Verschnaufpause.
Um kurz vor Mitternacht sind wir zurück am Rathausplatz, es gibt ein zweites städtisches Feuerwerk. Laut Wikipedia sind die Feuerwerker hier gefeiert wie Popstars, aber wofür, verstehe ich nicht: Erneut ist es nur laut und viel Rauch. Die spannendste Rakete war die eines betrunkenen Feiernden – Er hat sie waagrecht abgeschossen, und sie ist unter dem Tisch unserer Nachbarn in der Bar explodiert. Jetzt sind wir froh, dass es nicht die gewohnten Raketen mit viel Farbe und großem Feuerball sind. Gegen halb zwei sind wir dann endlich im Bett.
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