Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Gestrandet im heiligen Spiritus

Die Party in Anchuras geht bis zum Sonnenaufgang – nicht störend, aber nachdem die Kaltfront sich gestern Abend wieder verzogen hat, war ich ein paar Mal wach. Am Morgen fahren wir bei Bombenwetter weiter, es geht sehr einsam über eine sich durch die Hügel windende Straße.

Unser erstes Ziel ist ein „Lost place“: Eine verlassene Eisenbahnstation, die man über einen holprigen Feldweg abseits der Landstraße erreicht. Die Station liegt mitten im Nirgendwo, zum Ort „Minas de Santa Quiteria“ sind es Luftlinie über 5 km. Vermutlich ist die Station hier nur, weil die Bahnlinie dahinter unter dem Torozo-Massiv verschwand.

Die Gebäude sind offen, und wir erkunden die fantastische Ruine. Wartesäle, eine Küche, Büroräume. Alles ist verfallen, die Holzdecken eingestürzt.

Nachdem wir alles gesichtet haben, wollen wir in den Tunnel kucken. Dort kommt man aber nicht hin, der Eingang ist mit dichten Brombeer-Büschen bewacht, vermutlich ist er ohnehin zugemauert.

Neben dem Bahngebäude steht auch noch eine Scheune und eine Halle. Die Jugendlichen hier nennen sie Rave-Halle, und ich mache mit einer alten „Thunderdome"-Platte einen kurzen Test: Ja, funktioniert als Party-Location!

Was für ein cooler Ort, wir sind vollkommen geflasht!

Über Steine und feinen Sand geht es zurück zur Landstraße.

Über den Pass geht es von La Mancha in die Extremadura, zu den großen Wasserspeichern. Der Rio Guadiana ist hier dreimal aufgestaut worden. Die Staudämme liefern aber allerdings diesen Sommer sicher keinen Strom – auch hier ist kaum Wasser drin.

Wie tief der Wasserspiegel ist, sieht man in Relation zu den Autos, die dort verlassen parken und auf die Rückkehr der Boote warten.

Der mangelnde Regen führt natürlich nicht nur zu leeren Wasserspeichern, sondern auch zu den massiven Waldbränden diesen Sommer. Wir sehen dieses Wochenende mindestens ein halbes Dutzend schwarzen, verkohlte Stellen entlang der Straße. Teilweise bis an die Ort heranreichend, so wie hier in Castilblanco.

Am nächsten Stausee finden wir einen einladenden, fast menschenleeren Badespot. Das Wasser ist wunderbar erfrischend, und man hat Blick auf die schroffe Küste und die Geierfelsen – über dem Berg kreisen ein paar Handvoll Geier.

Nach dem nächsten Staudamm machen wir in Talarrubias Mittag, am Stadtplatz steht eine schöne Kirche und ein Brunnen, der die vier Staudämme in der Region in den vier Himmelsrichtungen darstellt.

Gut gespeist fahren wir in Richtung unseres nächsten Ziels weiter, müssen aber kurz darauf anhalten – das Auto zeigt sinkenden Reifendruck an. Wir finden am Reifen nichts, aber eine Wolke aus Geiern, die über dem Feld kreist. Es ist absolut wunderbar hier, gelbe Felder, grüne Bäume und blauer Himmel.

Im nächsten Ort messen wir nach, es geht deutlich Luft in den Reifen. Ich frage den Tankstellenbesitzer um Hilfe, der kuckt drauf: „Der Reifen ist super, da fehlt sich nix. Fahrt weiter!“ Ich meine, ein leises Zischen zu hören, aber der Mann ist so überzeugt, dass wir ihm glauben.

10 km weiter kommen wir zu Spaniens größtem Kreisverkehr, richtig lustig: Hier ist mitten im See ein fast wie mit dem Zirkel gemessener kegelförmiger Berg. Das sieht irgendwie überhaupt nicht natürlich aus, aber ist viel zu groß, um künstlich zu sein. Über eine Brücke kommt man zu der Ringstraße, die als Einbahnstraße rund um den Berg führt. Auf der anderen Seite ist dann wieder eine Brücke auf die andere Seite des Sees.

Wir planen, hoch zu laufen, aber der Reifen sieht komisch aus. Das Auto warnt weiterhin, der Reifen ist nicht platt, aber sieht anders aus als der andere.

Also lieber zum nächsten Ort mit dem umwerfend komischen Namen „Sancti Spíritus“.

Dort ist klar: Der Reifen ist hinüber, er ist heiß und deutlich platt. Wir finden auch den Grund: Ein Nagel oder so ähnlich hat sich reingebohrt.

Die Gelben Engel sind nach etwa einer Stunde mit dem Abschlepper da, und – erneut ein Hoch auf das flache Land – er kennt jemanden, der uns den Platten reparieren kann. Also sind wir nicht zwei Tage im heiligen Spiritus gefangen, sondern können zumindest mit dem geflickten Reifen zurück nach Hause.

Das eigentliche Ziel Merida erreichen wir so nicht, aber wir machen das Beste draus, und halten noch mal auf dem Weg. Aber dazu mehr morgen.

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