Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Ruta de las caras

Etwa 80 km östlich von Madrid zieht sich ein 300 m hoher Hügelzug in Nord-Süd-Richtung. Aus dem Osten kommend wird er von den kleinen Flüssen Guadiela und Tajo durchbrochen. Der Erstere vereinigt sich dabei mit dem Zweiten, später mit den Bächen Manzanares und Guadarrama, und bei Toledo ist der Tajo schon etwa so groß wie die Isar.

Bei Talavera wird zur Überquerung dann schon die zweithöchste Brücke Europas benötigt. Und wo er als "Tejo" im Meer endet steht eine Kopie der Golden Gate Bridge, ein kurzes Stück landeinwärts die längste Brücke Europas.

Noch sind es aber relative kleine Flüsschen, aber dank der querenden Hügelkette boten sie sich perfekt an, um nicht nur einen, sondern insgesamt vier Seen aufzustauen.

Die erste Staumauer liegt in einem sehr steilen Tal, und man fährt durch einen Tunnel, auf die Staumauer, und danach direkt wieder in den Tunnel. Das würde ich mir gerne anschauen, es ist ziemlich neblig und es wirkt Hitchcock-düster. Aber die beiden Jungs, mit denen ich unterwegs bin haben Hunger, und so einigen wir uns auf "am Rückweg".

20 km weiter erreichen wir Buendía ("schöner Tag") – auf das Wetter scheint sich das nicht zu beziehen. Es ist kalt und feucht und wegen des Nebels auch Grau in Grau. Die erste Bar hat kein Frühstück, aber eine interessante Toilette: Man kann auf weniger als einem Quadratmeter ein Klo und ein Waschbecken installieren. Kein Türschloss, aber die Tür geht eh nicht auf, wenn eine Person drinnen ist.

In der zweiten Bar gibt es dann für die Jungs auch Frühstück – es ist kurz vor Zwölf, mein Frühstück ist fast vier Stunden her. Ich bin aber ganz dankbar für die Pause, das gibt der Sonne noch Zeit weiter gegen den Nebel anzustrahlen.

Und tatsächlich, als wir an der "Gesichterroute" – der Ruta de las caras – ankommen kommen erste Sonnenstrahlen durch, und das Grau wird farbig.

Entlang der (ziemlich kurzen) Route sind in den Sandstein Gesichter geschlagen. Das ist ganz nett gemacht, aber nicht spektakulär. Muss es auch nicht sein, es reicht, um uns hierher zu locken, und die tolle Natur zu bewundern.

Die Route ist an der Westseite einer schmalen Halbinsel, die von Buendía ausgehend etwa 5 km nach Norden spitz in den Stausee ragt.

Durch Lücken in den Bäumen blickt man über den See in den Nebel. Es ist ruhig und beinahe gespenstisch, die Oberfläche des Sees ist spiegelglatt.

Während wir noch den wabernden Nebel bewundern, verschwindet er plötzlich. In nur zwei, drei Minuten ist plötzlich die Sicht frei, und die Hügelkette gegenüber taucht auf. Verwundert reiben wir uns die Augen, wie schnell urplötzlich die Stimmung von grau und spätherbstlich zu sonnig und (ein wenig) wärmer umkippt. Zwischen den Fotos oben und dem Nächsten liegen weniger als 2 Minuten!

Ein paar Minuten hält sich der Wolkenschleier über dem See noch, dann taucht erst die Staumauer auf, und 20 Minuten später sind die Wolken weg.

Und schwupps kommen die Geckos aus den Felsspalten und wärmen sich.

Aber selbst wenn es in der Sonne angenehm ist, Nachts hat es Minusgrade, auf der Nordseite der Steine ist das Moos noch angeeist.

Auf dem Rückweg ist dann an der Staumauer der Nebel auch weg, der "Ort" mit der Handvoll Häuser in der Steilwand heisst passenderweise "Entrepeñas" – "zwischen Felsen".

Entrepeñas

Der Stausee hat Niedrigwasser, trotz der Regenfälle der letzten Wochen, und somit ist das Kraftwerk außer Betrieb.

Man kann von der Mauer aus zwei Kanzeln für Schwindelfreie erkennen, unter Beiden ist mindestens 50 Meter freier Fall.

Meine Kumpels wollen zu den Kanzel auf unserer Seite, ich wage mich immerhin an den Anfang. Aber die gesamte Konstruktion schwingt merklich, das ist nichts für mich!

Ich komme aber weit genug, um die Kletterer auf der anderen Seite des Tajo vor das Zoom zu kriegen. Den Tajo sieht man allerdings kaum, das Rinnsal tief unter uns verschwindet unter den Bäumen.

Auf dem Rückweg fühle ich mich gar nicht gut, die verfluchte Erkältung von Anfang Oktober ist immer noch nicht vorbei und geht in die dritte Runde. Diesmal ist es aber nach 24h wieder gut – hoffentlich jetzt endgültig. Ich mache sicherheitshalber erneut einen Test – kein Covid. Wenn ein normaler Erkältungsvirus mich schon 6 Wochen lang immer wieder ins Bett zwingt bin ich ganz froh, dass die Covid 19-Krone bisher an mir vorbei gewandert ist. In zwei Wochen habe ich Termin für die Auffrischungsimpfung!

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